Am 8. März 2015 wurde in der Schweiz über die Einführung einer Energiesteuer abgestimmt, die die Mehrwertsteuer ersetzen sollte. Die Einführung der Energiesteuer wurde jedoch von Volk und Ständen abgelehnt. Was hätte sich geändert, wie hoch wäre die Energiesteuer gewesen und wer hätte sie bezahlen müssen? 

Grundsatz

Die Mehrwertsteuer ist eine allgemeine Verbrauchssteuer und bezweckt die Besteuerung des nicht-unternehmerischen Endverbrauchs im Inland (Art. 1 Abs. 1 MWSTG). Da es zu kompliziert wäre, wenn jeder Bürger für seinen Konsum mit dem Staat abrechnen müsste, wird die Mehrwertsteuer bei den Unternehmen erhoben (Art. 10 Abs. 1 MWSTG). Diese wiederum wälzen die Mehrwertsteuer auf die Konsumenten ab. Wer die bezogene Leistung (als Beispiel ein Sack Mehl) für seine eigene unternehmerische Tätigkeit (z.B. Herstellung und späterer Verkauf von Brot) verwendet, darf die von seinem Leistungserbringer (in unserem Beispiel der Mehllieferant) in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer (sog. Vorsteuer) in Abzug bringen (Art. 28 Abs. 1 MWSTG).

Was wird besteuert?

Mit der Mehrwertsteuer wird folgendes besteuert:

  • Im Inland erbrachte Leistungen, die von steuerpflichtigen Personen gegen Entgelt erbracht werden (in unserem Beispiel Verkauf von Brot an den Endkunden);
  • Durch Empfänger im Inland bezogene Leistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland (bspw. ausländische Berater);
  • Einfuhr von Gegenständen (bspw. Einfuhr von Brot, die im Ausland gekauft wurden). (Art. 1 Abs. 2 MWSTG)

Steuersatz

Der Normalsteuersatz beträgt 8% (Art. 25 Abs. 1 MWSTG), wobei für gewisse Leistungen der reduzierte Steuersatz von 2,5% (bspw. Medikamente, Art. 25 Abs. 2 MWSTG) gilt. Auf Beherbergungsleistungen (bspw. Übernachtung in einem Hotel und das dort konsumierte Frühstück) gilt ausserdem mindestens bis zum 31. Dezember 2017 ein reduzierter Sondersatz von 3.8%.

Steuerumfang

Mit der Mehrwertsteuer nimmt der Bund jedes Jahr rund 22 Milliarden Schweizer Franken ein. Die Mehrwertsteuer ist damit der grösste Einnahmeposten auf Bundesebene. 

Hintergrund

Die geplante Energiesteuer sollte die Mehrwertsteuer komplett ersetzen

Grundsatz

Mit der Energiesteuer sollte nicht mehr der Konsum des Konsumenten besteuert werden, sondern den Verbrauch von nicht-erneuerbarer Energie. Konkret wäre die nicht erneuerbare Primärenergie besteuert worden. Die Energiesteuer wäre damit eine Lenkungssteuer gewesen. Das Ziel hinter der Lenkungssteuer war die Beschleunigung der Energiewende.

Was wäre besteuert worden?

Mit der Energiesteuer sollte die Einfuhr und die inländische Erzeugung von nicht erneuerbarer Energie besteuert werden. Wäre die Energie ausgeführt (ins Ausland) worden, so wäre die Steuer zurückerstattet worden. 

Steuersatz

Der Steuersatz wäre so festgelegt worden, dass das Steueraufkommen einem festen Prozentsatz des Bruttoinlandprodukts entsprochen hätte. Da die Energiesteuer die Mehrwertsteuer vollumfänglich ersetzen sollte, wäre sie gleich hoch gewesen wie die Mehrwertsteuer. Demnach hätte ein Steueraufkommen im Rahmen von 3,9% des BIP erreicht werden müssen (Quelle: GLP). Langfristig gesehen hätte sie staatsquotenneutral sein sollen. 

Wer hätte die Energiesteuer bezahlt?

Der Grossteil der nicht-erneuerbaren Energie wird in der Schweiz importiert, weshalb die Zollverwaltung den Grossteil der Energiesteuer erhoben hätte. Die Unternehmen in der Schweiz wären dadurch voraussichtlich administrativ entlastet worden.

War die Energiesteuer langfristig ausgelegt?

Die Initianten rechneten mit einer längeren Zeitperiode, bis der Gesamtverbrauch an nicht-erneuerbaren Energie markant sinken würde. Sobald dies der Fall gewesen wäre, war eine Ausdehnung mittels einer reduzierten Steuer auf erneuerbare Energie angedacht gewesen (Quelle: GLP). Dies war im vorgeschlagenen Verfassungstext allerdings so nicht enthalten.

Wie teuer wäre das Benzin geworden?

Der Bundesrat rechnete mit einer Erhöhung des Benzinpreises um drei Franken pro Liter, wobei dies zugenommen hätte, je weniger nicht-erneuerbare Energien genutzt worden wäre. 

Wie teuer wäre der Strom geworden?

Der Bundesrat rechnete mit einer Erhöhung des Strompreises um 33 Rappen pro Kilowattstunde Strom. 

Wie teuer wäre das Heizöl geworden?

Das Heizöl wäre rund 3 Franken und 30 Rappen pro Liter teurer geworden.

Bundesverfassung

Mit einer Annahme der Energiesteuer würde die Bundesverfassung wie folgt geändert:

Art. 130a (neu) Energiesteuer

1 Der Bund kann auf der Einfuhr und der inländischen Erzeugung nicht erneuerbarer Energie eine Steuer erheben. Wird die Energie ausgeführt, so wird die Steuer zurückerstattet. Die Steuer wird pro Kilowattstunde Primärenergie bemessen.

2 Das Gesetz kann zur Vermeidung wesentlicher Wettbewerbsverzerrungen die Besteuerung der grauen Energie vorsehen.

3 Der Steuersatz wird so festgelegt, dass der Steuerertrag einem festen Prozentsatz des Bruttoinlandproduktes entspricht.

4 Für die einzelnen Energieträger können aufgrund ihrer ökologischen Gesamtbilanz unterschiedliche Steuersätze festgelegt werden.

5 Das Gesetz kann zur Vermeidung wesentlicher Wettbewerbsverzerrungen und zur Vereinfachung der Steuererhebung Ausnahmen von einer vollumfänglichen Besteuerung festlegen.

6 Ist wegen der Entwicklung des Altersaufbaus die Finanzierung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht mehr gewährleistet, so können höchstens 13,1 Prozent des Steuerertrags dafür verwendet werden.

7 5 Prozent des nicht zweckgebundenen Ertrags werden für die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung zugunsten unterer Einkommensschichten verwendet, sofern nicht durch Gesetz eine andere Verwendung zur Entlastung unterer Einkommensschichten festgelegt wird.

Übergangsbestimmungen der Bundesverfassungen 

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung würden wie folgt geändert:

Art. 196 Ziff. 3 Abs. 2 Bst. ebis (neu)

3. Übergangsbestimmung zu Art. 87 (Eisenbahnen und weitere Verkehrsträger) Abs. 2 Bst. ebis

2 Der Bundesrat kann zur Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte:
ebis. 1,5 Prozent des Ertrags der Energiesteuer nach Artikel 130a verwenden;

Art. 197 Ziff. 92 (neu)

9. Übergangsbestimmung zu Art. 130a (Energiesteuer)

1 Mit Inkrafttreten der Gesetzgebung zu Artikel 130a, spätestens jedoch am 31. Dezember des fünften Jahres nach dessen Annahme:
a. werden die Artikel 130, 196 Ziffer 3 Absatz 2 Buchstabe e und 196 Ziffer 14 aufgehoben;
b. wird Artikel 134 wie folgt geändert:
Art. 134 Ausschluss kantonaler und kommunaler Besteuerung
Was die Bundesgesetzgebung als Gegenstand der besonderen Verbrauchssteuern, der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer bezeichnet oder für steuerfrei erklärt, dürfen die Kantone und Gemeinden nicht mit gleichartigen Steuern belasten.

2 Der feste Prozentsatz des Bruttoinlandproduktes in Artikel 130a Absatz 3 wird so festgelegt, dass der Ertrag der Energiesteuer dem durchschnittlichen Ertrag der Mehrwertsteuer in den letzten fünf Jahren vor ihrer Aufhebung entspricht.

3 Tritt die Gesetzgebung zu Artikel 130a nicht spätestens am 1. Januar des sechsten Jahres nach dessen Annahme in Kraft, so regelt der Bundesrat die Einzelheiten. 

Hintergrund

Unabhängig von der Energiesteuer-Initiative arbeiten der Bundesrat und das Parlament an der Energiestrategie 2050. Zum einen sollen die vorhandenen Energieeffizienz-Potenziale ausgeschöpft werden. Dies beinhaltet die Wasserkraft und der neuen erneuerbaren Energien. Zum anderen möchte der Bundesrat das bestehende Fördersystem (KEV: kostendeckende Einspeisevergütung) durch ein Lenkungssystem ersetzen. 

Status

Wie die Energiestrategie 2050 umgesetzt wird, ist noch nicht abschliessend geklärt, weshalb auch noch keine Zahlen vorliegen.

Mit der Energiesteuer sollte die Mehrwertsteuer abgelöst werden. Mit der Energiesteuer (3,9% vom BIP) würde der Verbrauch von nicht-erneuerbarer Energie besteuert, was u.a. zu einem erheblichen Anstieg des Benzinpreises geführt hätte. Durch die Aufhebung der Mehrwertsteuer sollten dafür die Konsumgüter günstiger werden. 

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