Altersarmut?

In seinem kürzlich ergangenen Entscheid vom 22. April 2016 (9C_284/2015) hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Frage, ob die Lebenspartnerin des Erblassers als Begünstigte für Leistungen der Pensionskasse angesehen werden kann, eine äusserst strenge Praxis entwickelt.

Der im April 2014 verstorbene C., welcher bei der Pensionskasse B. für die berufliche Vorsorge versichert war, hatte einige Monate vor seinem Tod seine Lebenspartnerin A. testamentarisch zur Alleinerbin und Willensvollstreckerin eingesetzt.

A., welche mit dem Verstorbenen seit 7 Jahren eine Lebensgemeinschaft geführt, stellte bei der Pensionskasse Anspruch auf BVG-Leistungen, welche ihr verweigert wurden. Eine Lebenspartnerrente entfalle, da der Verstorbene zu Lebzeiten das bestehende Konkubinatsverhältnis der Pensionskasse nicht gemeldet habe. Das subsidiär auszurichtende Todesfallkapital gelange, mangels einer eindeutigen schriftlichen Begünstigungserklärung seitens des Versicherten, ebenfalls nicht zur Auszahlung.

Der Versicherte hatte der Pensionskasse zu seinen Lebzeiten tatsächlich keine Meldung über die bestehende Lebenspartnerschaft gemacht, wie dies im Reglement verlangt war. Die Lebenspartnerin verzichtete daher darauf, eine Lebenspartnerrente einzuklagen.

Sie machte jedoch Ansprüche auf das reglementarische Todesfallkapital in der Höhe eines betragspflichtigen Jahreslohns geltend. Für die reglementarisch notwendige schriftliche Begünstigungserklärung verwies die Lebenspartnerin A. auf die testamentarische Alleinerbeneinsetzung.

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Das Bundesgericht stellt sich jedoch (wie zuvor schon die Vorinstanz) auf den Standpunkt, die erbrechtliche Begünstigung stelle keine genügende Begünstigungserklärung dar. Die Ansprüche aus beruflicher Vorsorge stünden vollständig ausserhalb des Erbrechts und fielen nicht in den Nachlass. Zwar könne eine solche Begünstigungserklärung im Rahmen eines Testaments erfolgen. Hierbei sei es jedoch ein ausdrücklicher Verweis auf die berufliche Vorsorge oder auf die entsprechenden Bestimmungen des Pensionskassen-Reglements notwendig. Letztwillige Einsetzungen zur Alleinerbin liessen jedoch – ohne einen solchen zusätzlichen Hinweis – nicht auf einen berufsvorsorglichen Begünstigungswillen schliessen (Erw. 2.3.).

Aus dem besprochenen Entscheid lassen sich für BVG-versicherte Personen folgende Schlüsse ziehen.

  1. Meldung einer Lebensgemeinschaft an die Pensionskasse zu Lebzeiten, ansonsten entsteht bei dessen Versterben für den Lebenspartner kein Anspruch auf eine Lebenspartnerrente.
  2. Ausdrückliche schriftliche Begünstigungserklärung zu Gunsten des Lebenspartners für sonstige BVG-Ansprüche wie Todesfallkapital.

Das Urteil liegt auf der Linie des Bundesgerichts, BVG-Ansprüche und Erbrecht vollständig getrennt zu behandeln und ist in diesem Sinne konsequent. Es scheint allerdings im vorliegenden Fall, da es neben der zur Alleinerbin eingesetzten Lebenspartnerin keine anderen Begünstigten gab, als sehr streng, den Begünstigungswillen des Erblassers zu verneinen.

Die testamentarische Einsetzung als Alleinerbin reicht nicht aus, um einen berufsvorsorglichen Begünstigungswillen anzunehmen (bspw. Lebenspartnerrente oder Todesfallkapital). Die berufliche Vorsorge steht vollständig ausserhalb des Erbrechts. Eine explizite Begünstigungserklärung ist unverzichtbar.

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