Belästigung durch Vorgesetzten

Im beruflichen Umfeld kommt es leider immer wieder zu sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Was ist aus rechtlicher Sicht eine sexuelle Belästigung, was sind die Pflichten des Arbeitgebers, wie sieht die Beweislast aus und was sind die Konsequenzen, falls eine sexuelle Belästigung stattfindet?  

Als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gilt beispielsweise die Verbreitung von pornographischen Material durch Aufhängen desselben oder dem Versand via E-Mail. Ebenfalls dazu gehört unerwünschter Körperkontakt oder bereits Bemerkungen über das Äussere einer Person, falls diese anzüglich sind. Während das Obligationenrecht auf diesen Begriff nicht weiter eingeht, enthält das Gleichstellungsgesetz entsprechende Ausführungen. Das Gleichstellungsgesetz besagt, dass jedes belästigende Verhalten sexueller Natur, so wie jedes andere Verhalten aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, welches die Würde von Männern und Frauen am Arbeitsplatz beeinträchtigt, diskriminierend ist. Im Speziellen gehören dazu Drohungen, das Ausüben von Druck, sowie das Auferlegen von Zwang oder das Versprechen von Vorteilen, um damit ein Entgegenkommen sexueller Art zu erwirken.

Das Arbeitsrechtrecht regelt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR). Dieses besagt, dass der Arbeitgeber dafür verantwortlich ist, dass Mitarbeiter weder sexuell belästigt werden, noch das den Opfern von solchen sexuellen Belästigungen weitere Nachteile entstehen.Der Arbeitgeber ist somit verpflichtet, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch entsprechende Massnahmen zu verhindern. Diese Massnahmen können beispielsweise die Information sowie Sensibilisierung der Mitarbeiter durch Merkblätter, die Einführung von Anlauf- und Beratungsstellen, sowie die Umsetzung einer entsprechenden Unternehmenspolitik sein.

Bei einem möglichen Fall von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, ist der Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Abklärungen zu treffen und je nach Resultat, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.

Eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird oftmals nicht von beiden Parteien als solche aufgefasst. Während sich das Opfer sexuell belästigt fühlt, kann es sein, dass das dass der Täter sich auf den Standpunkt stellt, dass er seine Aussage nur als Kompliment verstanden hat, oder es sich um einen Flirt gehandelt hat. Diese unterschiedliche Auffassung, ob nun eine sexuelle Belästigung vorliegt, macht die Beurteilung schwieriger.

Es gilt jedoch zu beachten, dass für die Beurteilung, ob eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorliegt oder nicht, es nicht auf die Absicht des Täters ankommt, sondern wie das Verhalten der belästigenden Person beim Betroffenen ankommt. Gemäss höchstrichterlicher Entscheidung kommt es dabei nicht darauf an, ob sich der belästigte Arbeitnehmende desselben rauen Wortschatzes bedient wie der Täter, da dies noch lange nicht eine entsprechende Aussage oder Äusserung rechtfertigt. Nichtsdestotrotz gilt, dass im Falle eines langjährigen rauen Umganges im Unternehmen, Anspielungen oder Aussagen nicht als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gelten, falls sich der betroffene Arbeitnehmende im Vorfeld niemals darüber beschwert hat. Genau dieser Punkt ist jedoch sehr schwierig für das Opfer zu beweisen.

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz durch entsprechende Massnahmen zu verhindern. Kann der Arbeitgeber in einem konkreten Fall nicht beweisen, dass er die erforderlichen sowie zumutbaren Massnahmen getroffen hat, um eben solche sexuelle Belästigungen zu verhindern, ist er entschädigungspflichtig. Diese Entschädigungspflicht beträgt maximal sechs Monatslöhne aufgrund des Gleichstellungsgesetzes, sowie unter Umständen Ansprüche auf Schadenersatz sowie auf Genugtuung.

Folgt auf eine sexuelle Belästigung eine diskriminierende Kündigung, sieht das Gleichstellungsgesetz weitere Entschädigungszahlungen sowie besondere Regelungen zum Kündigungsschutz vor.

Tina ist Sekretärin und arbeitet in einem Grossraumbüro. Sie kleidet sich gerne hübsch, dass sie grossen Wert auf ihr Äusseres legt. Tina arbeitet mit Martin zusammen, welcher auf der gleichen Etage tätig ist. Martin geht fälschlicherweise davon aus, dass Tina sich nur für ihn so hübsch anzieht. Eines Morgens geht er jedoch zu weit, da er eine anzügliche Bemerkung über ihren Ausschnitt macht. Obwohl im Betrieb immer mal wieder dumme Sprüche fallen, lässt sich Tina dies nicht gefallen. Sie geht kurzerhand zu ihrem Chef und spricht ihn auf den Vorfall an. Dieser versucht sie zu beruhigen, indem er ihr sagt, dass Martin es nicht so gemeint hat. Tina weiss jedoch, dass es keine Rolle spielt, wie es der Täter gemeint hat, sondern wie es beim jeweiligen Betroffenen ankommt. Da ihr Chef keine Massnahmen gegen sexuelle Belästigung getroffen hat, kann er unter Umständen ersatzpflichtig werden.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist verboten. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, geeignete Massnahmen zu treffen, um solche Belästigungen zu verhindern, sowie vorzusorgen, dass Opfern von solchen sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen. Ob eine solche Belästigung vorliegt, hängt davon ab, wie das Verhalten beim Betroffenen ankommt. Trifft der Arbeitgeber keine Massnahmen, um solche sexuellen Belästigungen zu verhindern, ist der entschädigungspflichtig.

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