Übermüdete Frau

In Zeiten erhöhter Arbeitsbelastung wird von Mitarbeitern mehr abverlangt, wie normalerweise. Nicht nur erhöhter Druck, sondern auch längere Arbeitszeiten können die Folge sein. In diesem Zusammenhang spricht das Gesetz von Überstunden und Überzeit. Diese werden häufig verwechselt, sind rechtlich gesehen jedoch komplett unterschiedlich. Im Speziellen sind Kader anders zu beurteilen und zu kompensieren.

In der Schweiz werden zwei verschiedene wöchentliche Höchstarbeitszeiten unterschieden:

  • 45 Stunden für Arbeitnehmer in
    • industriellen Betrieben;
    • Büros,
    • Grossbetrieben des Detailhandels;
  • 50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer. (Art. 9 Abs. 1 ArG)

Definition

Als Überstunden gelten diejenigen Arbeitsstunden, die zusätzlich zum verabredeten oder üblichen Arbeitsaufwand geleistet werden.

Pflicht des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn

  • dies notwendig ist,
  • der Mitarbeiter es zu leisten vermag und
  • die Überstunden nach Treu und Glauben zugemutet werden können.

Ausgleich der Überstunden

Grundsatz

Der Arbeitnehmer soll durch die Überstunden nicht schlechter gestellt werden, weshalb er entweder mehr Freizeit oder mehr Lohn erhält. (Art. 321c Abs. 1 OR)

Freizeit

Falls der Arbeitnehmer einverstanden ist, hat er Anrecht auf Freizeit von mindest gleich langer Dauer wie die geleisteten Überstunden. (Art. 321c Abs. 2 OR)

Lohn

Falls die geleisteten Überstunden nicht durch Freizeit kompensiert werden, so sieht die gesetzliche Regelung vor, dass der Arbeitnehmer für die geleisteten Überstunden den regulären Stundenlohn zuzüglich einem Zuschlag von mindestens 25% erhält. (Art. 321c Abs. 3 OR)

Sowohl die Höhe des Zuschlages, als auch die Entschädigung als solches selber kann jedoch vertraglich (zwingend schriftlich) wegbedungen werden (Art. 321c Abs. 3 OR). Die Kompensation durch Freizeit kann nicht wegbedungen werden.

Verwirkung

Falls der Mitarbeiter von sich aus Überstunden leistet, so muss er dies dem Arbeitgeber kommunizieren. Versäumt er dies, so kann der Arbeitgeber keine organisatorischen Massnahmen treffen, um künftige Mehrarbeit zu verhindern oder die geleisteten Überstunden zu genehmigen. Im schlimmsten Fall riskiert der Arbeitnehmer, seinen Anspruch zu verlieren. (BGE 129 III 171

Definition

Als Überzeit gelten Arbeitsstunden, die die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschreiten. In der Schweiz werden zwei verschiedene wöchentliche Höchstarbeitszeiten unterschieden:

  • 45 Stunden für Arbeitnehmer in
    • industriellen Betrieben;
    • Büros,
    • Grossbetrieben des Detailhandels;
  • 50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer. (Art. 9 Abs. 1 ArG)

Pflicht des Arbeitnehmers

Voraussetzungen

Arbeitnehmer sind nur unter erschwerten Voraussetzungen zur Leistung von Überzeit verpflichtet. Dazu zählen:

  • Dringende Arbeit oder ausserordentlicher Arbeitsaufwand;
  • Inventaraufnahmen, Rechnungsabschlüsse und Liquidationsarbeiten;
  • Vermeidung oder Beseitigung von Betriebsstörungen, soweit dem Arbeitgeber nicht andere Massnahmen zugemutet werden können. (Art. 12 Abs. 1 ArG)

Individuelle Überzeit

Die tägliche Überzeit beträgt für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden am Tag, ausser die Überzeit wird an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen geleistet. (Art. 12 Abs. 2 ArG)

Pro Kalenderjahr darf sie zudem nicht mehr betragen als:

  • 170 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden;
  • 140 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden. (Art. 12 Abs. 2 ArG)

Ausgleich der Überzeit

Grundsatz

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Freizeit von mindestens gleicher Dauer (Art. 13 Abs. 2 ArG) oder auf Lohn samt Zuschlag von mindestens 25% (Art. 13 Abs. 1 ArG).

Wegbedingung

Die Kompensation kann nicht vertraglich wegbedungen werden. (Art. 12 Abs. 1 ArG)

Ausnahme

Folgendes Personal hat nur dann Anspruch auf einen Lohnzuschlag, wenn die Jahres-Überzeit mehr als 60 Stunden beträgt:

  • Büropersonal;
  • technisches Personal und
  • mit geistigen Arbeiten betraute Personen, die sog. „anderen Angestellten“ (inkl. Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels). (Art. 13 Abs. 1 ArG

Was zählt als Kader?

Das Arbeitsgesetz definiert leitende Angestellte folgendermassen:

Eine höhere leitende Tätigkeit übt aus, wer auf Grund seiner Stellung und Verantwortung sowie in Abhängigkeit von der Grösse des Betriebes über weitreichende Entscheidungsbefugnisse verfügt oder Entscheide von grosser Tragweite massgeblich beeinflussen und dadurch auf die Struktur, den Geschäftsgang und die Entwicklung eines Betriebes oder Betriebsteils einen nachhaltigen Einfluss nehmen kann. (Art. 9 ArGV 1)

Kader sind leitende Angestellte. Ob ein Mitarbeiter als leitender Angestellter gilt, bestimmt sich nicht nach dem Arbeitsvertrag, sondern nach der tatsächlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei wird geschaut, wie hoch die Entscheidungsfreiheit des Mitarbeiters ist und inwiefern dieser frei ist in der Gestaltung seiner Arbeitszeit. (BGer, Urteil 4A_86/2007)

Es gilt zu beachten, dass nur höhere leitende Angestellte als leitende Angestellte im Sinne des Gesetzes gelten. Das mittlere und untere Kader gelten in der Regel als reguläre Mitarbeiter.

Was wird entschädigt?

Überstunden

Leitende Angestellte haben in der Regel keine ausdrückliche vertraglich Regelung ihrer Arbeitszeit. Da sie in der Ausgestaltung ihrer Arbeitszeit weitestgehend frei sind, haben sie nur dann einen Anspruch auf Überstundenentschädigung, wenn sie zusätzliche Aufgaben übertragen erhalten, die über ihre vertraglichen Pflichten hinausgehen. Desweitern haben sie Anspruch auf Überstundenentschädigung, wenn die gesamte Belegschaft über einen längeren Zeitraum hinweg ebenfalls Überstunden leisten muss. (BGE 129 III 171)

Überzeit

Leitende Angestellte sind vom Anwendungsbereich des Arbeitsgesetzes weitestgehend ausgenommen (Art. 3 lit. d ArG). Dies gilt insb. auch für die Überzeit-Regelung. Ist ein Mitarbeiter ein leitender Angestellter, so hat er kein Recht auf Entschädigung seiner geleisteten Überzeit.

Albert arbeitet als Filialleiter in einem Detailhandelsunternehmen. In der Weihnachtszeit ist es oft besonders hektisch. So kommt es immer wieder vor, dass Albert mehr als 50 Stunden die Woche arbeitet, obwohl er laut Arbeitsvertrag nur eine Arbeitswoche von 42 Stunden hätte. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit für Albert beträgt 45 Stunden. Diese 3 Stunden zählen als Überstunden und sind zu kompensieren.Da ein Filialleiter zwar zum Kader gehört, jedoch nicht zu den höheren leitenden Angestellten, unterliegt Albert den gesetzlichen Höchstarbeitszeiten. Die restlichen 5 Stunden gelten daher als zu entschädigende Überzeit.

Als Überstunden gelten diejenigen Arbeitsstunden, die zusätzlich zum verabredeten oder üblichen Arbeitsaufwand geleistet werden. Sie werden mit Freizeit oder Lohn samt Zuschlag abgegolten. Sowohl der Zuschlag, als auch die finanzielle Entschädigung können schriftlich wegbedungen werden. Als Überzeit gelten Arbeitsstunden, die die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschreiten. Sie werden mit Freizeit oder Lohn samt Zuschlag abgegolten. Die Entschädigung kann nicht wegbedungen werden.

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