Schaden am Auto durch Unfall

Die Haftung für unerlaubte Handlung nach (Art. 41 ff. OR) ist eine ausservertragliche Verschuldenshaftung und ist aufgrund des Universalitätsprinzips als generelle Haftung für deliktisches und schadensstiftendes Verhalten ausgestaltet.  Die allgemeinen Voraussetzungen der ausservertraglichen Haftpflicht bilden der Schaden, der natürliche und adäquate Kausalzusammenhang, die Widerrechtlichkeit sowie das Verschulden des Schädigers. Bei mehreren Schädigern ist die Solidarhaftung zu beachten. Die unerlaubte Handlung ist zudem von der Genugtuung abzugrenzen. Aus prozessualer Sicht stehen verschiedene Gerichtsstände offen.

Grundsatz

Das Schweizer Obligationenrecht nimmt (auch für die unerlaubte Handlung) keine Definition des ersatzfähigen Schadens vor (BGE 132 III 359 E. 4). Basierend auf der Rechtsprechung handelt es sich beim Schaden um eine ungewollte oder unfreiwillige Einbusse im Vermögen des Geschädigten. Dies kann sich durch eine Abnahme der Aktiven, eine Zunahme der Passiven oder durch einen entgangenen Gewinn äussern. Als Vermögen wird die Gesamtheit aller geldwerten Güter verstanden, die einer Person zustehen (BGE 127 III 73 E. 4a).

Schadensberechnung

Grundsatz

Für die unerlaubte Handlung wird der Schaden gemäss der Differenzhypothese berechnet. Der Schaden entspricht somit der Differenz zwischen dem gegenwärtigen und somit tatsächlichen Vermögensstand sowie dem hypothetischen Vermögensstand, welcher ohne das schädigende Ereignis vorliegen würde (BGE 132 III 359 E. 4).

Beweislast

Der Geschädigte trägt für die unerlaubte Handlung die Beweislast bzgl. dem Vorliegen und der Höhe des Schadens. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, da er unmöglich oder unzumutbar ist, so hat das Gericht den Schaden mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge zu schätzen (Art. 42 Abs. 2 OR).

Abgrenzung zur Schadenersatzbemessung

Bei der Schadensberechnung handelt es sich um ein wertungsfreies sowie kalkulatives Verfahren zur Feststellung des Schadens. Mit der Schadensberechnung wird der Höchstbetrag der möglichen Schadenersatzforderung festgelegt. Erst mit der nachfolgenden und normativen Schadenersatzbemessung wird der Umfang der effektiven Forderung konkretisiert und evtl. zugunsten des Schädigers reduziert

Schadensarten

Grundsatz

Die Unterscheidung der Schadensarten ist für die unerlaubte Handlung auf den Begriff der Widerrechtlichkeit zurückzuführen. Während reine Vermögensschäden (übrige Schäden) nur dann widerrechtlich sind, wenn eine Schutznorm verletzt wurde, die den Geschädigten vor Schäden dieser Art zu schützen gedachte (Schutzzwecklehre). Bei Personen- und Sachschäden ist die Widerrechtlichkeit für die unerlaubte Handlung gegeben, da ein absolut geschütztes Recht des Geschädigten verletzt ist (Persönlichkeit und Eigentum). 

Personenschaden

Wenn ein Mensch verletzt oder getötet wird, so handelt es sich um einen Personenschaden (Art. 45 und 46 OR). Für die unerlaubte Handlung gilt, dass bei Personenschaden die wirtschaftlichen Nachteile geltend gemacht werden können, die durch den Schädiger zu ersetzen sind (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 8 N 59). 

Bei einer unerlaubten Handlung, die zu einer Tötung führt, haben die Erben Anspruch (Art. 45 Abs. 1 OR) auf Ersatz der unmittelbaren Kosten (bspw. Beerdigung), jedoch nicht für die mittelbaren Kosten (bspw. Grabpflege).

Bei einer unerlaubten Handlung, die zu einer Körperverletzung führt, kann der Geschädigte die entstandenen Kosten (bspw. Rettungs- oder Therapiekosten) sowie die Nachteile, die aus der allfälligen Arbeitsunfähigkeit (Verdienstausfall) entstehen, geltend machen (Art. 46 Abs. 1 OR). Für die unerlaubte Handlung gilt, dass der Integritätsschaden ersetzbar ist, d.h. der Schaden, der aus der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens resultiert (bspw. entstelltes Gesicht). Resultiert aus der Körperverletzung eine Behinderung, so können die Auslagen, die zur Befriedigung der elementaren Bedürfnisse dienen (bspw. Rollstuhl oder Umbaukosten am Haus), eingefordert werden (BGE, JdT 1979 I). 

Kann der exakte Schaden zum Urteilszeitpunkt noch nicht festgestellt werden, so kann das Gericht einen Rektifiktionsvorbehalt in das Urteil aufnehmen, nach welchem das Gericht die Schadenssumme während zwei Jahren anpassen kann (Art. 46 Abs. 2 OR). 

Sachschaden

Für die unerlaubte Handlung gilt als Sachschaden die beschädigte, zerstörte oder entzogene Sache (Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Schwenzer, 2012, N 50.16).

Bei einem Totalschaden kann die Sache nicht mehr repariert werden (technischer Totalschaden), würde die Reparatur eine Neuanschaffung kostenmässig übersteigen (wirtschaftlicher Totalschaden) oder ist die Sache abhanden gekommen (BSK OR I, Heierli/Schnyder, 2011, Art. 41 N 12). Bei wertbeständigen Sachen besteht der Schaden in den Anschaffungskosten (Marktwert) und bei wertunbeständigen Sachen ist der Zeitwert (d.h. Anschaffungspreis abzüglich Abschreibungen) zu ersetzen (Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Müller, 2012, Art. 41 N 30). Bei einem Teilschaden kann die Sache sinnvollerweise repariert werden. Der Anspruch des Geschädigten geht auf den Ersatz der (fiktiven) Reparaturkosten sowie den merkantilen Minderwert (BGE 116 II 441 E. 3a aa).

Mit der ersatzpflichtigen „chômage“ sollen im Hinblick auf die unerlaubte Handlung Produktions- und Nutzungsausfälle, die aufgrund des schädigenden Ereignisses anfallen, ersetzt werden (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 312).

Übriger Schaden

Zum übrigen Schaden gehören im Hinblick auf die unerlaubte Handlung diejenigen Schäden, die weder Personen-, noch Sachschäden darstellen. Dazu gehören Schäden aus der Verletzung von Immaterialgüterrechten oder aus Folge von Wettbewerbsverletzungen. Handelt es sich um einen Vermögensschaden, so gilt für die unerlaubte Handlung, dass diese nur ersatzfähig sind, wenn eine Schutznorm verletzt wurde (Schutzzwecklehre). 

Versorgerschaden

Der Versorgerschaden (Art. 45 Abs. 3 OR) ist ein ersatzfähiger Reflexschaden, bei welchem der Schaden in der ausfallenden Unterstützung (aufgrund einer Tötung) durch den Versorger vorliegt. Als Versorger gilt diejenige Person, die einer unterstützungsbedürftigen Person (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Schnyder/Portmann/Müller-Chen, 2013, N 69) unentgeltliche Leistungen zukommen lässt, wobei es irrelevant ist, ob die Leistungsverpflichtung gesetzlicher, vertraglicher oder freiwilliger Natur ist (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Schnyder/Portmann/Müller-Chen, 2013, N 67). Selbst bei hypothetischer zukünftiger Versorgung liegt ein ersatzfähiger Versorgerschaden vor.

Reflex- oder Drittschaden

Schäden, die im Vermögen einer indirekt betroffenen Drittperson eintreten, gelten als nicht ersatzfähiger Reflex- oder Drittschaden. Als Ausnahmen dazu gelten der ersatzfähige Versorgerschaden (Art. 45 Abs. 3 OR) sowie die Drittschadensliquidation und der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Schockschaden

In Abgrenzung zum indirekten Drittschaden ist der Schockschaden ein direkter Schaden, welcher dem Betroffenen einen eigenen ersatzfähigen Schadenersatzanspruch gibt. Dies ist dann der Fall, wenn diese Drittperson einen psychischen Schock erleidet, weil eine nahestehende Person geschädigt wurde (Berner Kommentar OR, Brehm, Art. 41 N 24 ff.).

Normativer Schaden

Beim normativen Schaden liegt keine Vermögenseinbusse basierend auf der Differenzhypothese vor. Der Haushaltsschaden und der Pflege- sowie Betreuungsschaden stellen ersatzfähige normative Schäden dar. Sie sind auch dann zu ersetzen, wenn keine Ausgaben getätigt wurden, sondern die zusätzlichen Anstrengungen selber gestemmt wurden (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1876 ff.).

Für die unerlaubte Handlung gilt als Kommerzialisierungsschaden der Ausfall von entgeltlich erworbenen Nutzungsmöglichkeiten, die sich nicht im Vermögen niederschlagen (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 374). Der Kommerzialisierungsschaden ist nicht ersatzfähig (BGE 126 III 388 E. 11a).

Als Frustrationsschaden gelten diejenigen Auslagen, die vor dem schädigenden Ereignis getätigt worden sind, deren erkaufter Genuss aber aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgeblieben ist (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 389). Der Frustrationsschaden ist kein ersatzfähiger normativer Schaden (BGE 115 II 474 E. 3a), kann unter seltenen Umständen aber zu Genugtuungsansprüchen führen (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1884).

Schadenersatzbemessung

Grundsatz

Für die unerlaubte Handlung wird bei der Schadensberechnung die Schadenssumme objektiv festgelegt und mit der nachfolgenden Schadenersatzbemessung soll der Schadenersatz festgelegt werden, welcher der Schädiger aufgrund der unerlaubten Handlung dem Geschädigten zu leisten hat (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Schnyder/Portmann/Müller-Chen, 2013, N 425). Die Obergrenze und Ausgangspunkt bildet die Schadenssumme aufgrund der Differenzhypothese. Das Gericht hat anschliessend den Schadenersatz basierend auf den Umständen und der Grösse des Verschuldens festzulegen (Art. 43 Abs. 1 OR). Liegen Herabsetzungsgründe vor, kann das Gericht den Schadenersatz reduzieren (Art. 44 OR).

Grösse des Verschuldens

Die unerlaubte Handlung ist eine Verschuldenshaftung. Bei der Verschuldenshaftung stellt bereits ein leichtes Verschulden des Schädigers eine Reduktionsgrund dar (BGE 131 III 12 E. 4.2). Dies gilt nicht bei Kausalhaftungen (Berner Kommentar, Brehm, Art. 43 N 41).

Umstände

Als Umstände gelten diejenigen Ereignisse oder Umstände, die nicht vom Verschulden des Schädigers abhängen. Dazu zählen bspw. die persönlichen Beziehungen zwischen den Parteien, ein schwacher Kausalzusammenhang oder eine konstitutionelle Prädisposition (bspw. Bluter) des Geschädigten (Berner Kommentar, Brehm, Art. 43 N 51 ff.). Handelt der Schädiger unentgeltlich und ohne Vorteil, so Haftung unter Umständen bis auf Null zu reduzieren (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1888a).

Selbstverschulden des Geschädigten

Hat der Geschädigte in fahrlässiger Weise den Schaden mitverursacht oder verschlimmert, so wägt das Gericht das Verschulden des Schädigers mit demjenigen des Geschädigten ab, was zu einer Aufteilung der Schadenstragung führen kann (Berner Kommentar, Brehm, Art. 44 N 20). Bei hohem Selbstverschulden liegt ein Unterbruch des Kausalzusammenhangs vor, weshalb keine Haftung des Schädigers mehr vorliegt (BGE 4A_385/2013 E.5).

Mitverschulden eines Dritten

Das Mitverschulden eines Dritten stellt keinen Reduktionsgrund für die unerlaubte Handlung dar (BGE 117 II 50 E. 4a bb), ausser es erreicht eine derartige Intensität, dass das Verhalten des Schädigers nicht mehr adäquat kausal für den Schaden ist, weshalb dessen Haftung entfällt. Bei leichtem oder mittelschweren Verschulden des Dritten liegt regelmässig eine Solidarhaftung vor.

Zufall

Der mitwirkende Zufall ist ein menschenunabhängiges Ereignis, welches den Schaden mitverursacht oder begünstigt hat (Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Müller, 2012, Art. 43 N 5). Er kann zu einer Senkung des Schadenersatzes führen, ausser es liegt eine Kausalhaftung vor. Diesfalls ist eine Reduktion nur dann zulässig, wenn der Zufall nicht vom haftungsbegründenden Tatbestand erfasst wird (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 420).

Konstitutionelle Prädisposition

Menschen, die zu anormal schweren Reaktionen auf Schädigungen tendieren, haben eine konstitutionelle Prädisposition (Berner Kommentar, Brehm, Art. 44 N 54). Hat die konstitutionelle Prädisposition zu einer Begünstigung des Schadenseintritts oder zu einer Vergrösserung des Schadens geführt, so führt dies zu einer Reduktion der Schadenersatzpflicht (BGE 4C.402/2006 E. 5.1). Hätte die konstitutionelle Prädisposition bereits für sich alleine mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Schaden geführt, so ist dies bereits bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen (BGE 4C.402/2006 E. 5.1). 

Einwilligung

Die echte Einwilligung schliesst die Widerrechtlichkeit aus. Überschreitet der Schädiger das Mass der Einwilligung, war die Einwilligung ungültig oder der Geschädigte nicht zur Einwilligung in der Lage aufgrund fehlender Handlungs- oder Urteilsfähigkeit, so liegt unechte Einwilligung vor, die ein Reduktionsgrund darstellt (Art. 44 Abs. 1 OR).

Notlage

Gerät der Schuldner durch den Schadenersatz in eine finanzielle Notlage und hat er weder grobfahrlässig noch vorsätzlich den Schaden verursacht, kann das Gericht den Schadenersatzanspruch kürzen (Art. 44 Abs. 2 OR). 

Grundsatz

Für die unerlaubte Handlung gilt das Erfordernis des Kausalzusammenhanges. Dies bedeutet, dass zwischen der Ursache für den Schaden und dem Erfolg des Schadens eine Wechselwirkung besteht, die als Kausalzusammenhang bezeichnet wird. 

Natürlicher Kausalzusammenhang

Wäre der Schaden ohne die fragliche Schadensursache nicht eingetreten (sog. conditio sine qua non), so liegt ein natürlicher Kausalzusammenhang vor. Dies bedeutet, dass für die unerlaubte Handlung die potenzielle Schadensursache eine notwendige Bedingung für den Erfolg des Schadens darstellt (BGE 132 III 715 E. 2.2). Diese potenzielle Schadensursache muss jedoch weder alleine noch unmittelbar zum Schaden geführt haben (BGer 4A_307/2013 E. 2.1.2).

Es reicht aus, wenn der Schaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf diese Ursache zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass andere potenzielle Ursachen vernünftigerweise nicht ins Gewicht fallen (BGE 133 III 462 E. 4.4.2). 

Adäquater Kausalzusammenhang

Da jeder Schaden mehrere natürliche Ursachen hat, ist für die unerlaubte Handlung die Haftpflicht an die Adäquanzformel gekoppelt. Demnach ist ein Ereignis dann die adäquate Ursache eines Erfolges, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolgs also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 129 V 177 E. 3.2.). Eine Voraussehbarkeit des Kausalverlaufs durch den Schädiger ist nicht begriffsnotwendig (BGE 119 Ib 345 E. 5b).

Unterlassungen

Ausgangslage

Bei Unterlassungen fehlt der natürliche Kausalzusammenhang (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 3 N 33), weshalb auf den hypothetischen Kausalzusammenhang (BGE 132 III 715) abgestellt wird.

Hypothetischer Kausalzusammenhang

Der hypothetische Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn den Schädiger eine Pflicht zur Abwendung des Schadens (BGE 4A_520/2007 E. 2.1) aus Vertrag, Gesetz, Garantenstellung oder dem Gefahrensatz getroffen hätte und nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schaden dadurch nicht eingetreten wäre (conditio cum qua non).

Prüfung durch Gericht

Das Gericht prüft nicht zusätzlich die Adäquanz, da diese in der hypothetischen Kausalität impliziert ist (BGE 4C.284/2006 E. 4.4).

Rechtmässiges Alternativverhalten

Wäre der Schaden trotzdem eingetreten, so entfällt der Kausalzusammenhang aufgrund des rechtmässigen Alternativverhaltens (Berner Kommentar, Brehm, Art. 41 N 126). 

Unterbrechung des Kausalzusammenhangs

Definition

Der adäquate Kausalzusammenhang wird unterbrochen, „wenn zu einer an sich adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint (BGE 4C.45/2007 E. 3.2).

Ursachen

Als mögliche Ursachen kommen schweres Selbstverschulden des Geschädigten, schweres Drittverschulden oder höhere Gewalt in Betracht (Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Müller, 2012, Art. 41 N 38).

Ursachenkonkurrenz

Grundsatz

Ist ein Schaden auf mehrere Ursachen zurückzuführen und kommen alle diese Ursachen als adäquat kausal in Frage, so liegt eine Ursachenkonkurrenz vor. Basierend auf der Kausalität resultieren für die unerlaubte Handlung unterschiedliche Rechtsfolgen.

Kumulative Kausalität

Bei der kumulativen Kausalität hätte jede Ursache für sich alleine den Schaden bewirken können (Haftpflichtrecht, Keller/Gabi/Gabi, 2012, 25), weshalb jeder Schädiger für den gesamten Schaden haftet (La responsabilité civile, Werro, 2011, N 226). Es gilt die Solidarhaftung zu beachten und somit das Bereicherungsverbot.

Alternative Kausalität

Bei der alternativen Kausalität lässt sich nicht feststellen, welche der potenziellen Ursachen die tatsächliche Ursache für den Schaden gewesen ist. Es stehen somit mehrere Ursachen zur Auswahl, aber nur eine einzige kann den Schaden auch verursacht haben (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 3 N 65). Dies hat zur Folge, dass die Haftung entfällt, da nicht nachgewiesen werden kann, wer den Schaden verursacht hat (Berner Kommentar, Brehm, Art. 41 N 145 ff.). Eine Lehrmeinung geht jedoch davon aus, dass in solchen Konstellationen eine Solidarhaftung anzuwenden sei (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 3 N 67).

Überholende Kausalität

Bei der überholenden Kausalität löst eine zweite adäquate Ursache den Schaden aus, bevor die erste adäquate Ursache den Schaden bewirken konnte (BSK OR I, Heierli/Schnyder, Art. 41 N 27). Da die erste Ursache nie zu einem Schaden geführt hat, haftet nur der Schädiger der zweiten Ursache Berner Kommentar, Brehm, Art. 41 N 147a). Hat der Arzt dem Patienten eine Überdosis verpasst und wurde dieser anschliessend von einem Auto überfahren, so haftet nur der Autofahrer.

Hypothetische Kausalität

Hat eine erste adäquate Ursache den Schaden bewirkt, wäre dieser aber aufgrund einer späteren Ursache sowieso eingetreten, so liegt hypothetische Kausalität vor. Die erste Ursache führt zu einer Haftung, da die zweite Ursache gar keine Wirkung mehr erzielen konnte (Berner Kommentar, Brehm, Art. 41 N 149 f.). Die zweite Ursache kann jedoch als Reduktionsgrund bei der Schadenersatzbemessung herangezogen werden (Art. 43 Abs. 1 OR).

Rechtmässiges Alternativverhalten

Wäre der Schaden auch dann eingetreten, wenn sich der Schädiger rechtmässig verhalten hätte, so handelt es sich um rechtmässiges Alternativverhalten. Mit dem rechtmässigen Alternativverhalten wird der natürliche Kausalzusammenhang negiert (BGE 2C_860/2008 E. 5.2). Diese Einwendung ist ein allgemeiner Entlastungsbeweis, welcher jederzeit vorgebracht werden kann, auch wenn er nicht im Gesetz erwähnt wird, wobei der Beweis aber strikt zu erfolgen hat (BGE 2C_860/2008 E. 5.2). 

Grundsatz

Die unerlaubte Handlung setzt voraus, dass die schädigende und kausale Handlung widerrechtlich sein muss. Als widerrechtlich gilt für die unerlaubte Handlung, wenn entweder ein absolutes Recht verletzt wurde (sog. Erfolgsunrecht) oder die Handlung gegen eine qualifizierte Schutznorm verstösst (sog. Verhaltensunrecht). 

Erfolgsunrecht: Verletzung eines absoluten Rechts

Grundsatz

Werden absolute Rechte verletzt, so liegt immer eine Widerrechtlichkeit vor. Als absolute Rechte gelten die Persönlichkeitsrechte, dingliche Rechte sowie Immaterialgüterrechte, da diese eine Ausschluss- und Abwehrwirkung erga omnes haben (Commentaire romand, Code des obligations I (Hrsg: Thévenoz), Werro, 2003, art. 41 N 88 ss).

Persönlichkeitsrechte

Mit dem Persönlichkeitsrecht (Art. 28 ff. ZGB) sind der Schutz der physischen und psychischen Integrität, die Freiheit, die Privatsphäre, die Ehre, das Recht am eigenen Bild und weitere Aspekte gemeint. Bei ärztlichen Eingriffen bedarf es daher der Zustimmung des Patienten, da mit dem Persönlichkeitsrecht auch die Willensfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht geschützt ist (Berner Kommentar, Brehm, Art. 41 N 634 f.).

Dingliche Rechte

Mit den absolut geschützten dinglichen Rechten sind das Eigentum (Art. 641 ff. ZGB), die beschränkt dinglichen Rechte (Art. 730 ff. ZGB) sowie der Besitz (Art. 919 ff. ZGB) gemeint. Bei der Eigentumsverletzung ist darauf hinzuweisen, dass eine blosse Gebrauchsbeeinträchtigung nicht ausreicht, solange sie nicht über eine längere Zeitspanne anfällt (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 4 N 16).

Immaterialgüterrechte

Die Verletzung von Immaterialgüterrechten ist spezialgesetzlich geregelt, wobei für die Haftung auf die unerlaubte Handlung (Art. 41 OR) verwiesen wird.

Unterlassungen

Durch Unterlassungen können keine absoluten Rechte verletzt werden, ausser der Schädiger wäre zur Handlung verpflichtet gewesen. Diese Handlungspflicht lässt sich aus Vertrag, Gesetz, Garantenstellung und Gefahrensatz ableiten.

Verhaltensunrecht: Verletzung einer Schutznorm

Hintergrund

Die Widerrechtlichkeit einer schädigenden Handlung kann durch einen Verstoss gegen eine Schutznorm begründet werden. Dies ist insb. bei reinen Vermögensschäden von Relevanz, da das Vermögen kein absolut geschütztes Rechtsgut ist und daher die Widerrechtlichkeit auf einer Verletzung einer spezifischen Verhaltensnorm beruhen muss.

Schutzzwecklehre

Ein Verstoss gegen eine Schutznorm liegt dann vor, wenn der Zweck der Norm darin besteht, die geschädigte Person vor Schäden genau dieser Art zu schützen. Dies bedeutet, dass nicht jede Missachtung einer Rechtsvorschrift zu einer Schutznormverletzung führt, sondern nur, wenn die schädigende Handlung den Zweck der Norm verletzt. Dies nennt man Schutzzwecklehre (BGE 126 III 521 E. 2a).  

Schutznormen

Es gibt sowohl privatrechtliche als auch öffentlichrechtliche Schutznormen. Die relevantesten Schutznormen finden sich konkret im Strafrecht, sofern sie nebst dem Schutz der Allgemeinheit auch den Schutz des Vermögens einer Privatperson bezwecken.

Die wichtigsten Schutznormen sind die folgenden:

Die Lehre ist sich uneins, ob der Gefahrensatz als Schutznorm herangezogen werden kann, da oder ob der Gefahrensatz erst beim Verschulden geprüft wird. Das Bundesgericht hat hierzu präzisiert, dass der Gefahrensatz als Schutznorm bei Unterlassungen taugt, sofern absolute Rechte des Geschädigten verletzt werden (BGE 4A_104/202 E. 2.1).

Sittenwidrigkeit

Ein absichtliches (d.h. vorsätzliches) Zufügen von Schaden unter Verstoss gegen die Sittenwidrigkeit (Art. 19 Abs. 2 OR) führt zur Schadenersatzpflicht (Art. 41 Abs. 2 OR). Die Widerrechtlichkeit (Art. 41 Abs. 1 OR) wird nicht vorausgesetzt. 

Diese Bestimmung über eine sittenwidrige unerlaubte Handlung kommt insb. bei folgenden Fällen zur Anwendung:

  • Verleitung zum Vertragsbruch (BGE 114 II 91 E. 4a aa);
  • Anhebung einer ungerechtfertigten Betreibung;
  • unaufgeforderter falscher Rat;
  • unterlassene Gefahrwarnung. (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1960)

Rechtfertigungsgründe

Grundsatz

Ein Rechtfertigungsgrund führt zur Aufhebung der Widerrechtlichkeit (Commentaire romand, Code des obligations I (Hrsg: Thévenoz), Werro, 2003, art. 52 N 1).

Notwehr und Notstand

Greift der Geschädigte ungerechtfertigterweise den Schädiger an und verteidigt sich dieser, indem er in die Rechtsgüter des Angreifers eingreift, so handelt es sich um Notwehr. Diese muss verhältnismässig sein (BGE 136 IV 49 E. 3.2), ansonsten ein Notwehrexzess vorliegt (Berner Kommentar, Brehm, Art. 52 N 26). Richtet sich die Abwehrhandlung gegen einen Dritten, so handelt es sich um einen Notstand (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 5 N 10).

Liegt Notwehr vor, so entfällt die Widerrechtlichkeit (Art. 52 Abs. 1 OR). Bei einem Notwehrexzess wird der Schadenersatz gemildert. Beim Notstand entscheidet der Richter über den Schadenersatz nach freiem Ermessen (Art. 52 Abs. 2 OR).

Selbsthilfe

Kann amtliche Hilfe nicht rechtzeitig organisiert werden, so ist es ausnahmsweise zulässig, ein Recht durch Eigenmacht zu sichern (Art. 52 Abs. 3 OR).

Einwilligung

Die Einwilligung in die unerlaubte Handlung stellt sowohl ein Reduktionsgrund als auch einen Rechtfertigungsgrund dar. Damit eine solche Einwilligung in die unerlaubte Handlung gültig abgegeben werden kann, muss der Geschädigte über das betroffene Rechtsgut verfügen dürfen und handlungsfähig sein (Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Schwenzer, 2012, N 50.36). Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern reicht die Urteilsfähigkeit (BSK OR I, Heierli/Schnyder, 2011, Art. 52 N 18). Eine Einwilligung in die eigene Tötung ist daher nicht möglich, da darüber nicht verfügt werden kann.

Dem Arzt steht der Beweis offen, dass der Patient auch dann in die Operation eingewilligt hätte, wenn er ihn ordentlich informiert hätte (rechtmässiges Alternativverhalten). Eine Einwilligung in Kunstfehler kann aber nie vorliegen (BGE 123 II 577 E. 4d ee). 

Grundsatz

Für die unerlaubte Handlung gilt, dass die schädigende Handlung ein Verschulden voraussetzt. Unter einem Verschulden wird die Vorwerfbarkeit verstanden, welche dann gegeben ist, wenn der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, d.h. vom Durchschnittsverhalten abweicht (objektive Komponente) und urteilsfähig war (subjektive Komponente). Handelt es sich um eine Kausalhaftung, so bedarf es hingegen keines Verschuldens.

Objektive Komponente

Vorsatz

Die unerlaubte Handlung setzt Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Weiss der Schädiger, dass sein Verhalten den Schaden bewirken wird und er diesen Schaden um seiner selbst willen auch will (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 837), so handelt es sich um Vorsatz (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 6 N 30). Beim Eventualvorsatz nimmt der Schädiger den Schaden bloss in Kauf, strebt ihn aber nicht an (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1976).

Fahrlässigkeit

Die unerlaubte Handlung setzt Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Vertraut der Schädiger in pflichtwidriger unsorgfältiger Weise darauf, dass der Schaden ausbleibt, so handelt er fahrlässig. Basierend auf dem objektivierten Fahrlässigkeitsbegriff (BGE 124 III 155 E. 3b) wird das Verhalten des Schädigers mit dem hypothetischen Verhalten eines durchschnittlichen sorgfältigen Menschen in der konkreten Situation verglichen. Eine Abweichung vom Referenzverhalten führt zur Annahme der Fahrlässigkeit (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Honsell/Isenring/Kessler, 2013, § 6 N 18), da subjektive Entschuldigungsgründe nicht von Belang sind (Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Furrer/Müller-Chen, 2012, Kap. 11 N 95).

Der Sorgfaltsmassstab richtet sich nach dem jeweiligen Verkehrskreis (Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Schwenzer, 2012, N 22.15), wobei dem Beruf des Schädigers eine besondere Bedeutung zukommt, da sich seine anzuwendende Sorgfalt an seiner Berufsgattung orientiert, die teilweise eigene Richtlinien verfasst haben (bspw. SIA-Normen). Verfügt der Schädiger aber über höhere Kompetenzen, so muss er diese einsetzen.

Bei Vorliegen eines Übernahmeverschuldens handelt der Schädigende immer fahrlässig, da er aufgrund mangelnder Kenntnisse gar nicht sorgfältig handeln kann (Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rey, 2008, N 848).

Der Gefahrensatz besagt, dass diejenige Person, welche einen Zustand schafft oder aufrechterhält, welche eine andere Person schädigen könnte, muss alle zur Vermeidung eines Schadens erforderlichen Massnahmen treffen (BGE 4A_520/2007 E. 2.1). Unterlässt der Schädiger diese Massnahmen, so handelt er ebenfalls fahrlässig.

Subjektive Komponente

Urteilsfähigkeit

Für die unerlaubte Handlung gilt, dass das Verschulden in subjektiver Hinsicht die Urteilsfähigkeit des Schädigers voraussetzt (Art. 16 ZGB), wobei die Urteilsfähigkeit gesetzlich vermutet wird. Der Schuldner bedarf zum einen über die notwendigen intellektuellen Fähigkeiten, um erkennen zu können, dass sein Verhalten einen Schaden anrichten kann und desweiteren braucht er die Fähigkeit, sich auch gegen dieses schädigende Verhalten entscheiden zu können (Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Müller, 2012, Art. 41 N 12).

Urteilsfähig ist jede Person, die

  • kein Kind ist, bzw. nicht
  • aufgrund einer geistigen Behinderung,
  • einer psychischer Störung,
  • eines Rauschs (bspw. Alkohol oder Cannabis) oder
  • ähnlicher Zustände

nicht die Fähigkeit hat, vernunftgemäss zu handeln. (Art. 16 ZGB)

Bei Kindern richtet sich das Unrechtbewusstsein nach dem Alter und der schädigenden Handlung. Kommt man zum Schluss, dass ein Kind für ein bestimmtes Verhalten als urteilsfähig anzusehen ist, so wird bei der Bemessung des Schadenersatzes dessen Reife und Alter berücksichtigt (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1996).

Billigkeitshaftung bei Urteilsunfähigkeit

Verursacht ein dauernd urteilsunfähiger Schädiger einen Schaden, so kann dieser ebenfalls zu Schadenersatz verpflichtet werden, sofern dies der Billigkeit entspricht (Art. 54 Abs. 1 OR). Solche Billigkeit wird angenommen, wenn der Urteilsunfähige wohlhabend ist oder der Schaden von der Haftpflichtversicherung gedeckt wird. Es gilt jedoch zu beachten, dass eine Haftung von Urteilsunfähigen auch weiterhin Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraussetzt.

Wurde die Urteilsunfähigkeit selbst verschuldet und dauert sie nur vorübergehend an (bspw. Alkoholrausch), so wird für die unerlaubte Handlung das Verschulden vermutet (Art. 54 Abs. 2 OR).  Diese milde Kausalhaftung stellt eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr dar, da dem Schuldner die Möglichkeit des Entlastungsbeweises offensteht (Obligationenrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, Huguenin, 2014, § 24 N 1999). Kann sich der Schädiger exkulpieren, so kommt die Haftungsnorm für dauernd urteilsunfähige Schuldner mit der Billigkeitshaftung (Art. 54 Abs. 1 OR) zur Anwendung, obwohl dies nicht dem Wortlaut entspricht (Commentaire romand, Code des obligations I (Hrsg: Thévenoz), Werro, 2003, art. 54 N 15). 

Nicht nur für die unerlaubte Handlung gilt, dass wenn der Schaden durch mehrere Schuldner gemeinsam verursacht wurde, diese der Solidarhaftung unterliegen. Der Gläubiger kann von jedem einzelnen Schädiger Schadenersatz verlangen, darf sich aber nicht bereichern und daher den Schaden insgesamt nur einmal vergütet erhalten. 

Mit der Genugtuung soll ein seelisches Leid, d.h. eine immaterielle Unbill abgegolten werden. Dieses Schmerzensgeld ist unabhängig vom Vorliegen eines Schadens. Das Ziel der Genugtuung besteht darin, dass „das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder die Beeinträchtigung erträglicher gemacht wird“ (BGE 6B_544/2010 E. 3.1). Liegt eine unerlaubte Handlung vor, so kann teilweise zudem ein Genugtuungsanspruch geltend gemacht werden.

Nationaler Sachverhalt

Grundsatz

Eine unerlaubte Handlung kann im nationalen Sachverhalt an vier verschiedenen Gerichtsständen eingeklagt werden (Art. 36 ZPO):

  • Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei;
  • Gericht am Wohnsitz oder Sitz der geschädigten Partei;
  • Gericht am Handlungsort, sowie
  • Gericht am Erfolgsort.

Anspruchskonkurrenz

Bei Anspruchskonkurrenz aufgrund verschiedener Ansprüche (Vertrag, ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag sowie unerlaubte Handlung) ist die Zuständigkeit für jeden Anspruch einzeln zu prüfen. Sachlich zusammenhängende Ansprüche gegen eine beklagte Partei können jedoch vor jedes Gericht gebracht werden, dass für einen der Ansprüche zuständig ist (Art. 15 Abs. 2 ZPO).

Schieds- oder Gerichtsstandsklauseln

Enthält ein Vertrag eine Schieds- oder Gerichtsstandsklausel, so ist über Auslegung zu ermitteln, ob diese auch für die unerlaubte Handlung gilt, die einen Zusammenhang zum Vertrag haben (meistens anzunehmen). Ist die Gerichtsstandsvereinbarung eine ausschliessliche Klausel (Vermutung gemäss Art. 17 Abs. 1 ZPO), so steht der deliktische Gerichtsort (Art. 36 ZPO) nicht offen (BSK ZPO, Hempel, 2013, Art. 36 N 16).

Internationaler Sachverhalt

IPRG

Eine unerlaubte Handlung kann im Anwendungsbereich des IPRG an folgenden Orten eingeklagt werden :

Können mehrere Streitgenossen in der Schweiz belangt werden, so kann mittels passiver einfacher Streitgenossenschaft gegen alle gemeinsam bei einem zuständigen Richter geklagt werden (Art. 8a Abs. 1 IPRG).

LugÜ

Eine unerlaubte Handlung kann im Anwendungsbereich des LugÜ an folgenden Orten eingeklagt werden :

Karl ist ein jähzorniger Mann, weshalb er eines Tages beschliesst, das Fenster seines Nachbarn mit Steinen einzuwerfen, da ihm dieser immer wieder die Ausfahrt blockiert. Damit eine unerlaubte Handlung vorliegt, muss geprüft werden, ob ein Schaden vorliegt, ein Kausalzusammenhang bejaht werden kann, die Tat widerrechtlich erfolgte und Karl schuldhaft handelte. Der Schaden besteht aufgrund der Differenzhypothese im Wert des zu ersetzenden Fensters. Der natürliche Kausalzusammenhang ist gegeben, da bei Wegdenken des Steinewurfs das Fenster nicht zerstört worden wäre. Der adäquate Kausalzusammenhang ist ebenfalls zu bejahen, da ein geworfener Stein auf ein Fenster nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung zu dessen Zerstörung führt. Die Widerrechtlichkeit liegt in der Verletzung des absoluten Rechts auf Eigentum, wobei keine Rechtfertigungsgründe vorliegen. Das Verschulden ist durch Vorliegen von Vorsatz oder zumindest Eventualvorsatz zu bejahen. Es liegt somit eine unerlaubte Handlung vor und Karl ist zum Schadenersatz verpflichtet. 

Die Haftung für unerlaubte Handlung nach (Art. 41 ff. OR) ist eine ausservertragliche Verschuldenshaftung und ist aufgrund des Universalitätsprinzips als generelle Haftung für deliktisches und schadensstiftendes Verhalten ausgestaltet.  Die allgemeinen Voraussetzungen der ausservertraglichen Haftpflicht bilden der Schaden, der natürliche und adäquate Kausalzusammenhang, die Widerrechtlichkeit sowie das Verschulden des Schädigers.

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