Der Schuldner haftet mit seinem Vermögen für die Forderungen der Gläubiger. Will der Schuldner sein Vermögen nicht zur Deckung der Forderungen der Gläubiger verwenden, kann er versucht sein, Vermögensteile bei Seite zu schaffen. Er kann dies dadurch tun, dass er diese Vermögensteile verschenkt und sie so den Gläubigern entzieht.

Mit der Schenkungsanfechtung soll die Situation vor der Schenkung wieder hergestellt werden. Der Beschenkte kann hierzu verklagt werden. Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr und grundsätzlich muss der Kläger die Schenkung beweisen. War die Klage erfolgreich, muss der Beschenkte dem Schuldner den erhaltenen Vermögenswert zurückgeben

Grundsätzlich ist jeder Schuldner (natürliche Person, juristische Person, Personen- oder Kapitalgesellschaft) im Rahmen des Gesetzes frei mit seinem Vermögen zu machen, was er will. Er kann es verkaufen, wobei er den Preis frei vereinbaren kann, er kann es verpfänden und verschenken.

Diese Freiheit des Schuldners wird durch die Schenkungsanfechtung eingeschränkt. Liegen diese Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung vor, ist die Schenkung anfechtbar.

Der Schuldner kann sein Vermögen dadurch vermindern, dass er es absichtlich an bestimmte Personen weggibt, um seine anderen Gläubiger zu schädigen. Er kann auch in einer finanziell so schlechten Situation sein  – Überschuldung – dass bestimmte Geschäfte mit seinem Vermögen heikel sind, so z.B. wenn Geldschulden nicht in Geld sondern mit Waren bezahlt werden oder die Forderungen von bestimmten Gläubigern schon bezahlt werden, obschon der Schuldner noch gar nicht zahlen müsste, während dem andere schon längst fällige Forderungen nicht bezahlt werden.  Anfechtbar sind nun auch Schenkungen, auch wenn der Schuldner damit weder absichtlich sein Vermögen vermindert hat, um Gläubiger zu schädigen, noch der Schuldner überschuldet war. 

Grundsatz

Anfechtbar sind Schenkungen (Art. 286 Abs. 1 SchKG) und andere unentgeltliche Verfügungen (Art. 286 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG), also Rechtshandlungen des Schuldners mit welchen er Vermögenswerte unentgeltlich oder gegen eine Gegenleistung mit geringerem Wert weggegeben hat.

Spezialfälle

Anfechtbar sind auch Rechtsgeschäfte wenn der Schuldner als Entgelt für den Vermögenswert eine Leibrente, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erhalten hat. (Art. 286 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG)

Wer darf klagen?

Klageberechtigt sind Gläubiger, die einen provisorischen oder einen definitiven Pfändungsverlustschein erhalten haben, die Konkursverwaltung und deren Abtretungsgläubiger (Art. 285 Abs. 2 SchKG).

Wer wird beklagt?

Die Klage richtet sich gegen die Personen, welche beschenkt wurden (Art. 290 SchKG).

Anfechtungsfrist

Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr. Anfechtbar sind also Schenkungen, die der Schuldner innerhalb eines Jahres vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung vorgenommen hat. (Art. 286 Abs. 1 SchKG)

Verjährungsfrist

Die Geltendmachung der Anfechtung selbst muss innert zwei Jahren seit Erhalt des Pfändungsverlustscheins, seit Konkurseröffnung erfolgen (Art. 292 SchKG). Bei dieser Frist von zwei Jahren handelt es sich um eine Verjährungsfrist (vgl. Art. 127 ff. OR). Die Verjährungsfrist kann z.B. durch Anerkennung der Forderung durch den Schuldner, Schuldbetreibung oder Klage unterbrochen werden. Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem

Grundsatz

Der Gläubiger muss die Schenkung oder eine Handlung, welche der Schenkung gleichgestellt ist, beweisen. Bei letzterer – einer gemischten Schenkung, muss das  Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung bewiesen werden. Er muss weiter beweisen, dass die Schenkung innerhalb eines Jahres vor Pfändung oder Konkurseröffnung stattgefunden hat. (Art. 8 ZGB)

Schenkung an nahestehende Person

Erfolgte die Schenkung an eine nahestehende Person – eine verwandte Person, den Ehegatten oder Lebenspartner  oder zwischen Gesellschaften eines Konzerns –  so kehrt die Beweislast ( wer muss was beweisen und wer trägt die Folgen wenn der Beweis nicht gelingt) um. Die beschenkte Person muss beweisen, dass kein Missverhältnis vorliegt. In diesem Fall muss der Gläubiger also nur beweisen, dass der Schuldner Vermögen innert einem Jahr vor Pfändung oder Konkurs weggegeben hat. Dass ein Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung bestanden hat, muss der Gläubiger nicht beweisen. Der Beschenkte muss beweisen, dass es kein Missverhältnis gab. (Art. 286 Abs. 3 SchKG)

Beweismittel

Der Beweis kann durch Urkunden, Zeugen und alle anderen Beweismittel geführt werden. 

Was geschieht, wenn die Schenkungsanfechtung erfolgreich war? Der Beschenkte muss den geschenkt erhaltenen Vermögenswert zurückgeben. Hat der Beschenkte eine Gegenleistung erbracht, erhält er diese zurück oder, wenn sie nicht mehr vorhanden ist, hat er eine entsprechende Forderung gegen den Schuldner. (Art. 291 Abs. 1 SchKG)

Schenkung

Der Schuldner verschenkt sein Auto wenige Monate vor der Pfändung an seine Lebenspartnerin (Schenkung).

Gemischte Schenkung

Der Schuldner verkauft 9 Monate vor Konkurs eine Produktionsmaschine seines Unternehmens zum Preis von CHF 50‘000 (Buchwert) an einen Lieferanten von Rohmaterial. Die Maschine könnte ohne weiteres zum Preis von mindestens CHF 80‘000 verkauft werden (gemischte Schenkung). 

Mit der Schenkungsanfechtung wird den Gläubigern eines Schuldners ermöglicht, Schenkungen und andere Vermögensverfügungen die einer Schenkung gleich kommen, also wo die Leistung und die Gegenleistung, welche in einem Missverhältnis stehen, zu korrigieren. Falls die Schenkung innerhalb eines Jahres vor Pfändung oder Konkurs erfolgte, haftet der verschenkte Vermögenswert trotzdem den Gläubigern zur Deckung ihrer Forderungen. 

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