Wenn drei sich streiten…

Mit der Streitverkündungsklage kann eine beklagte Partei eine weitere Partei in das Verfahren miteinbeziehen, für welche sie im Falle des Unterliegens einen Regressanspruch hat. Dies hat den Vorteil, dass zwei Verfahren in einem einzigen Verfahren abgehandelt werden können. Die Voraussetzungen der Streitverkündungsklage sind im Vergleich zur einfachen Streitverkündung daher auch erhöht, wobei eine Kettenstreitverkündung unzulässig ist. Das Gericht entscheidet im Zulassungsverfahren über die Zulassung der Streitverkündungsklage. Anschliessend liegt ein echtes Mehrparteienverhältnis vor und die streitverkündungsbeklagte Partei erhält die Rechtsstellung einer Hauptpartei. Die Wirkung der Streitverkündungsklage liegt darin, dass zwei materiell getrennt zu beurteilende Verfahren vorleigen, welche lediglich formell im gleichen Verfahren geführt werden. Im internationalen Verhältnis kann eine Streitverkündungsklage am Gericht des Hauptverfahrens eingereicht werden. Die Streitverkündung ist zudem noch von der einfachen Streitverkündung abzugrenzen.

Materielle Voraussetzungen

Ansprüche

Die streitverkündende Partei kann die Streitverkündungsklage gegenüber einem Dritten erheben, wenn sie diesen im Falle des Unterliegens belangen will (Art. 81 Abs. 1 ZPO) oder wenn sie Ansprüche von diesem befürchtet (Kommentar zum schweizerischen Zivilprozessrecht, GestG, Reetz, 2001, Art. 8 N 7).

Rechtsschutzinteresse

Bei der Streitverkündungsklage muss ein Rechtsschutzinteresse vorliegen, da es sich um eine allgemeine Prozessvoraussetzung handelt (BGer 4A_435/2012, E. 2.4). Die Streitverkündungsklage kann daher bei fehlendem Rechtsschutzinteresse, d.h. bei fehlendem sachlichen Zusammenhang zwischen der Haupt- und der Streitverkündungsklage, abgelehnt werden (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 20). Dies darf jedoch nicht zu einer materiellen Prüfung des Anspruchs der Streitverkündungsklage führen (BGer 4A_435/2012, E. 2.6).

Prozessökonomie

Sind die Voraussetzungen zur Streitverkündungsklage erfüllt (Art. 81 und 82 ZPO), so ist diese zuzulassen. Prozessökonomische Anliegen sind nicht mit der Zulassungsverweigerung zu begegnen, sondern mit der Möglichkeit, den Haupt- und Streitverkündungsprozess zu trennen (Art. 125 lit. a und c ZPO) oder damit, das Verfahren auf einzelne Fragen zu beschränken (BGer 4A_435/2012, E. 2).

Sachzusammenhang

Ein Sachzusammenhang zwischen dem Regressanspruch, welcher mit der Streitverkündungsklage geltend gemacht werden soll, und dem Hauptverfahren muss vorliegen, wird jedoch naturgemäss vermutet und darf nicht untersucht werden (Botschaft ZPO, 7284). Dies kann jedoch zum Nachteil der streitverkündenden Partei sein, da diese somit die vollen Kostenfolgen tragen muss, wenn der Anspruch unbegründet war und sie somit zweimal unterliegt (Droese, SZZP 3/2013, 217 f.).

Parteien

Grundsatz

Beide Parteien im Hauptverfahren können die Streitverkündungsklage einreichen (Art. 81 Abs. 1 ZPO). Dieses Recht steht den Nebenparteien aber nicht zu (Berner Kommentar ZPO, Gross/Zuber, Art. 82 N 14).

Streitgenossenschaft

Bei einer (einfachen oder notwendigen) Streitgenossenschaft kann jeder einzelne Streitgenosse rechtsgültig die Streitverkündungsklage einreichen, da insb. bei der notwendigen Streitgenossenschaft diese nur gegenüber der anderen Prozesspartei gemeinsam handeln müssen, jedoch nicht gegenüber Dritten (Kommentar zum schweizerischen Zivilprozessrecht, GestG, Reetz, 2001, Art. 8 N 17).

Widerklage

Die Streitverkündungsklage kann sich nicht gegen die Gegenpartei im Hauptverfahren richten, denn dazu steht das Instrument der Widerklage (Art. 94 ZPO) zur Verfügung (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 89).

Klagehäufung

Die Streitverkündungsklage kann sich zudem gegen mehrere Personen gleichzeitig (subjektive Klagehäufung) richten sowie die objektive Klagehäufung gegen die von einer Streitverkündungsklage erfassten Partei (Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Handkommentar, Schenker, 2010, Art. 16 N 7).

Zeitpunkt

Die Zulassung der Streitverkündungsklage ist mit der Klageantwort oder der Replik im Hauptprozess zu beantragen (Art. 82 Abs. 1 ZPO). Die Einreichung einer Streitverkündungsklage im Schlichtungsverfahren wird erst durch das erkennende Gericht beurteilt (Kurzkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Domej, 2010, Art. 82 N 3). Die Streitverkündungsklage kann jedoch nicht vor zweiter Instanz oder in einem Rechtsmittelverfahren erhoben werden (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 82 N 4).

Rechtshängigkeit der Hauptklage

Damit eine Streitverkündungsklage erhoben werden kann, muss das Hauptverfahren rechtshängig sein (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 29). Bei nachträglichem Wegfall bleibt der Gerichtsstand für die Streitverkündungsklage nur bestehen, wenn der Wegfall auf eine Anerkennung, Rückzug oder Vergleich zurückzuführen ist. Bei einem Entscheid auf Nichteintreten oder Gegenstandslosigkeit wird auch die Streitverkündung gegenstandslos (Berner Kommentar ZPO, Güngerich/Walpen, Art. 16 N 6).

Verfahren

Die Streitverkündungsklage ist nur im ordentlichen Verfahren möglich, nicht jedoch im vereinfachten Verfahren oder dem summarischen Verfahren (Art. 81 Abs. 3 ZPO). Sie ist zudem nur zulässig, wenn sie in der gleichen Verfahrensart verhandelt wird, wie die Hauptklage (Schwander, in: Die künftige schweizerische Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, 2003, Art. 81 N 29), d.h. im ordentlichen Verfahren.

Zuständigkeit

Örtliche Zuständigkeit

Das Gericht des Hauptprozesses ist örtlich zuständig (Art. 16 ZPO).

Sachliche Zuständigkeit

Für die Hauptklage und die Streitverkündungsklage hat die gleiche sachliche Zuständigkeit zu gelten, was insb. bei Arbeitsgerichten oder Handelsgerichten zum Tragen kommt (BGer 4A_435/2012, E. 2.3). Ist innerhalb des gleichen Gerichts aufgrund eines unterschiedlichen Streitwerts ein anderer Spruchkörper zuständig (bspw. Einzelrichter statt Kollegialgericht), so ist der höhere Streitwert massgebend und beide Klagen sind an den entsprechenden Spruchkörpern zu verweisen (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 38). 

Ist für die Regressklage ein anderes Gericht zuständig, so kann dort jedoch die Überweisung der rechtshängigen Klage an das Gericht des Hauptprozesses beantragt werden, da ein sachlicher Zusammenhang i.d.R. vorliegt (Art. 127 Abs. 1 ZPO).

Schlichtungsverfahren

Bei der Streitverkündungsklage entfällt das Schlichtungsverfahren (Art. 198 lit. g ZPO). 

Kettenstreitverkündungsklagen sind ausgeschlossen (Art. 81 Abs. 2 ZPO). Der streitverkündungsbeklagten Partei steht jedoch weiterhin die einfache Streitverkündung offen, wonach deren streitberufene Partei als Nebenintervenient in den Prozess eintritt. 

Ablauf

Grundsatz

Die Zulassung der Streitverkündungsklage ist mit der Klageantwort oder der Replik im Hauptprozess zu beantragen (Art. 82 Abs. 1 ZPO). Die Einreichung einer Streitverkündungsklage im Schlichtungsverfahren wird erst durch das erkennende Gericht beurteilt (Kurzkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Domej, 2010, Art. 82 N 3). Die Streitverkündungsklage kann jedoch nicht vor zweiter Instanz oder in einem Rechtsmittelverfahren erhoben werden (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 82 N 4).

Zwischenentscheid über die Zulassung

Für die Streitverkündungsklage gibt es ein Zulassungsverfahren, in welchem die Prozessvoraussetzungen geprüft werden (Art. 84 Abs. 4 ZPO). Liegen die Voraussetzungen (Begründung, Rechtsbegehren und impliziertes Rechtsschutzinteresse) vor, so fällt das Gericht nach Anhörung der Parteien einen Zwischenentscheid, welcher ein Prozessurteil darstellt. Es handelt sich daher um einen Zwischenentscheid, da durch eine abweichende oberinstanzliche Beurteilung sofort ein Endentscheid herbeigeführt und dadurch ein bedeutender Zeit-oder Kostenaufwand gespart werden kann (Art. 237 ZPO). Wird die Streitverkündungsklage nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (zwingend), so liegt mit dem Nichteintretensentscheid ein Endentscheid vor (Art. 236 ZPO).

Begründung der Streitverkündungsklage

Die streitverkündungsklagende Partei hat die Rechtsbegehren, welche sie in der Streitverkündungsklage stellen will, zu nennen und in Kürze zu begründen, damit diese im Zulassungsverfahren überprüft werden können, so dass das Gericht über die Zulassung entscheiden kann. Aus diesem Grund sind Rechtsbegehren nicht im Detail zu substantiieren (Zivilprozessrecht, Staehelin/Staehlin/Grolimund, 2013, 13 N 72), sondern lediglich kurz zu begründen (Art. 81 Abs. 2 ZPO). Die Begründung hat schriftlich (Art. 130 ZPO) und in dreifacher Ausführung zu erfolgen (Art. 131 ZPO). Ist es jedoch erst in der Hauptverhandlung möglich, die Streitverkündungsklage mündlich vorzubringen, so muss diese zu Protokoll (Art. 235 Abs. 1 lit. d ZPO) gegeben und kurz begründet werden (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 96).

Rechtsbegehren

Die Streitverkündungsklage ist typischerweise eine Leistungsklage, wobei auch eine Feststellungsklage zulässig ist. Die streitverkündungsklagende Partei muss ihr Rechtsbegehren noch nicht beziffern, falls dies noch nicht möglich ist. Dies hat zudem einen Einfluss auf die Tragung der Prozesskosten (Art. 107 Abs. 1 lit. a ZPO). Alternativ kann ein Vorbehalt angebracht werden, wonach eine Anpassung des Rechtsbegehrens in der Höhe zulässig sein soll, falls der Hauptprozess und der Streitverkündungsprozess nicht parallel geführt werden (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 98).

Anhörung der Parteien

Die Gegenseite ist von der Streitverkündung auch betroffen, weshalb sowohl ihr, als auch der streitverkündungsbeklagten Partei Gelegenheit gegeben wird, Stellung zu nehmen, sobald das Zulassungsbegehren gestellt wurde (Art. 82 Abs. 2 ZPO). 

Sistierung des Hauptprozesses

Oftmals ist es vernünftig, den Hauptprozess während dem Zulassungsverfahren zu sistieren (Art. 126 Abs. 1 ZPO). Diese Sistierung ist eine prozessleitende Verfügung, welche der Beschwerde unterliegt (Art. 126 Abs. 2 ZPO). 

Rechtsmittel gegen den Zulassungsentscheid

Der Zulassungsentscheid unterliegt der Beschwerde (Art. 82 Abs. 4 ZPO), falls der Beschwerdeführer nachweisen kann, dass ihm ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO). Zur Beschwerde sind alle drei Parteien beider Verfahren legitimiert (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 82 N 20). Der Nichtzulassungsentscheid ist ein Teilentscheid (BGer 4A_435/2012, E. 1.1), welcher mit Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 91 lit. b BGG). Gegen einen positiven Zulassungsentscheid ist gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG vorzugehen, bei welchem andere Vor- und Zwischenentscheide angefochten werden können, wobei die erschwerten Bedingungen zu beachten sind. 

Fortsetzung des Hauptprozesses

Zulassung der Streitverkündungsklage

Wird die Streitverkündungsklage zugelassen, so wird das Hauptverfahren fortgesetzt. Das Gericht wird zudem der streitverkündungsklagenden Partei eine Frist ansetzen, innert der die Streitverkündungsklage erneut einzureichen ist (Art. 82 Abs. 3 ZPO), wobei dieses Mal die üblichen formellen Voraussetzungen einer gewöhnlichen Klage (Schriftform und Unterschrift) einzuhalten sind (Botschaft ZPO, 7285), da die Begründung im Zulassungsverfahren lediglich summarisch begründet wurde (Art. 82 Abs. 1 ZPO). Die Eingabe muss nicht in einer separaten Rechtsschrift erfolgen, sondern kann Teil der Klageantwort oder Replik sein (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 95). Die streitverkündungsklagende Partei ist dabei an die Rechtsbegehren gebunden, die sie bereits im Zulassungsverfahren geltend gemacht hat (Handkommentar ZPO, Hahn, Art. 82 N 8). 

Ein oder zwei Verfahren?

Die zugelassene Streitverkündungsklage kann nach Ermessen des Richters in einem separaten Verfahren oder zusammen mit dem Hauptverfahren durchgeführt werden. Im vereinten Verfahren haben alle Parteien die volle Akteneinsicht. Da die streitverkündungsbeklagte Partei ohne Nachweis eines rechtlichen Interesses als Nebenintervenient in den Hauptprozess eintreten kann und kann diese somit selbst bei getrennten Verfahren zur Akteneinsicht kommen. 

Ist das Verfahren aufgrund der Menge des Prozessstoffes überladen, so kann der Richter das Verfahren trennen (Art. 125 lit. c ZPO), wobei beide Verfahren am gleichen Gericht hängig bleiben. Dem Gericht steht es jedoch alternativ auch offen, das Verfahren vorerst auf einzelne Fragen oder Rechtsbegehren zu beschränken (Art. 125 lit.a ZPO) oder das Verfahren der Streitverkündungsklage vorläufig zu sistieren, bis das Hauptverfahren entschieden ist (Art. 126 ZPO).

Schriftenwechsel

Wird das Verfahren gemeinsam durchgeführt, so ist der streitverkündungsbeklagten Partei eine Frist zur Klageantwort zu setzen. Dies wird sinnvollerweise dann sein, sobald der erste Schriftwechsel im Hauptverfahren abgeschlossen ist (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 150). Erfolgen die Stellungnahmen nicht mündlich an der Hauptverhandlung (Art. 228 ZPO), so kommt es zu einem zweiten Schriftenwechsel (Art. 225 ZPO). Hiernach erfolgt die Replik der hauptklagenden Partei auf die Hauptklageantwort, gefolgt von der Hauptklageduplik durch die hauptbeklagte Partei mit gleichzeitiger Streitverkündungsklagereplik. Abschliessend wird die streitverkündungsbeklagte Partei die Streitverkündungsklageduplik einreichen (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 151).

Haupt- und Instruktionsverhandlungen 

Nach dem ersten (und zweiten) Schriftenwechsel folgt die Hauptverhandlung (Art. 228 ff. ZPO) mit der Beweisabnahme im Zusammenhang mit zwei Prozessrechtsverhältnissen. Die Durchführung einer Instruktionsverhandlung kann ebenfalls angezeigt sein (Art. 226 ZPO). Nach Abschluss der Beweisabnahme plädiert zuerst die klagende Partei (Art. 232 Abs. 1 ZPO), gefolgt von der beklagten Partei und anschliessend der streitverkündungsbeklagten Partei (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 82 N 33). Weitere Vorträge (Art. 232 Abs. 1 ZPO) und schriftliche Parteivorträge sind ebenfalls möglich (Art. 232 Abs. 2 ZPO).

Die streitverkündungsbeklagte Partei hat die Rechtsstellung einer Hauptpartei und deshalb dieselben Rechte und Pflichten. Es bildet sich jedoch keine Streitgenossenschaft, sondern ein echtes Mehrparteienverfahren (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 137).

Rechtshängigkeit

Die Streitverkündungsklage wird rechtshängig, sobald das Zulassungsgesuchs zugestellt wurde. Dies hat zur Konsequenz, dass die streitverkündungsbeklagte Person vorläufig Parteistellung erhält (KUKO ZPO, Domej, Art. 82 N 11), die dahinfällt, falls die Prozessvoraussetzungen gemäss dem Zulassungsverfahren nicht erfüllt sind (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 43). Die Einreichung des Zulassungsgesuchs wirkt verjährungsunterbrechend (im Gegensatz zur einfachen Streitverkündung). 

Verhältnisse im Prozess

Trotz Mehrparteienprozess liegen zwei materiell getrennt zu beurteilende Verfahren vor, welche lediglich formell im gleichen Verfahren geführt werden. Es stehen sich somit immer nur zwei Parteien gegenüber. Dies hat den Vorteil, dass das Prinzip des einheitlichen Sachverhalts gilt, wonach über Tatsachen Beweis abzunehmen ist, wenn dies für beide Verfahren von Belang ist (Gewährleistungs- und Interventionsklage, Dätwyler, 2005, 175), selbst wenn in einem Verfahren diese Tatsachen bereits gegenseitig zugestanden wurden. Die streitverkündungsbeklagte Partei kann zudem ohne Nachweis eines rechtlichen Interesses als Nebenintervenient in den Hauptprozess eintreten, da die Streitverkündungsklage die einfache Streitverkündung impliziert. 

Bei gemeinsam durchgeführtem Verfahren kann die streitverkündungsbeklagte Partei ohne den Nachweis eines rechtlichen Interesses als Nebenintervenient im Hauptverfahren auftreten, da die Streitverkündungsklage mit einer einfachen Streitverkündung verbunden ist. Deren Position ist die einer unabhängigen Nebenpartei, die sich auch in Widerspruch zum Prozessverhalten der streitverkündungsklagenden Partei setzen kann (Schwander, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, 2013, Art. 82 N 26). Der streitverkündungsbeklagten Partei steht im Hauptprozess jedoch kein direkter Anspruch gegen die Gegenpartei der streitverkündungsklagenden Partei zu (in Form einer Widerklage). Umgekehrt hat die hauptklagende Partei keine eigene Funktion im Streitverkündungsverfahren (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 140).

Ist die streitverkündungsbeklagte Partei ein Nebenintervenient im Hauptprozess, so entfällt deren Zeugenstellung (Art. 169 ZPO). Tritt diese jedoch nicht als Nebenintervenient auf, so kann diese zwar als Zeuge auftreten, jedoch sind dessen Zeugenaussagen regelmässig als nicht unabhängig zu bewerten (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 145).

Akteneinsicht

In der Streitverkündungsklage stehen die Verfahrensakten allen Parteien offen. Die streitverkündungsbeklagte Partei kann somit bspw. Einsicht in die Akten der Gegenpartei im Hauptverfahren verlangen, da dies das rechtliche Gehör gebietet. Eine Beschränkung der Akteneinsicht ist nur bei überwiegenden privaten oder öffentlichen Interessen zulässig (Art. 53 ZPO).

Urteil

Umfang

Das Gericht kann mit einem einzigen Urteil über alle Ansprüche entscheiden (Parties au procès, Jeandin, 2003, 85), was auch oft die sinnvollste Lösung sein wird. Bei nachträglichem Wegfall des Hauptprozesses, bleibt die Streitverkündungsklage nur bestehen, wenn der Wegfall auf eine Anerkennung, Rückzug oder Vergleich zurückzuführen ist. Bei einem Entscheid auf Nichteintreten oder Gegenstandslosigkeit wird auch die Streitverkündung gegenstandslos.

Vollstreckbarkeit

Das Urteil ist gegenüber der streitverkündungsbeklagten Partei direkt vollstreckbar

Bedingtes Urteil

Dem Gericht steht es frei, ein bedingtes Urteil zu fällen, wonach die Zwangsvollstreckung gegenüber der streitverkündungsbeklagten Partei nur zulässig ist, wenn die streitverkündungsklagende Partei ihren Verpflichtungen nachgekommen ist (Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, Habscheid, 1990, N 453).

Rechtsmittel

Die streitverkündungsbeklagte Partei kann infolge ihrer Stellung als Nebenintervenient (falls vorliegend), ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Hauptprozesses und gegen das Urteil in der Streitverkündungsklage aufgrund der eigenen Parteistellung einlegen. Legt die streitverkündungsbeklagte Partei lediglich ein Rechtsmittel gegen das Urteil im Streitverkündungsverfahren ein, so ist der streitverkündungsklagenden Partei zu empfehlen, ebenfalls ein Rechtsmittel gegen das Urteil im Hauptverfahren einzulegen. Führt das Rechtsmittel im Streitverkündungsverfahren zu keinem Erfolg, so kann die streitverkündungsklagenden Partei sein eigenes Rechtsmittel immer noch zurückziehen (ausführlich dazu: BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 54 ff.).

Kostenfolgen

Grundsatz

Die Verteilung der Partei- und Gerichtskosten sind für beide Verfahren getrennt zu beurteilen (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 160). Sind die Kosten für beide Verfahren angefallen, so sind sie angemessen aufzuteilen und die Streitwerte zusammenzurechnen.

Durchsetzung der Hauptklage und Streitverkündungsklage

Unterliegt die streitverkündungsklagende Partei in der Hauptklage, so muss sie als unterliegende Partei die Kosten des Hauptprozesses tragen. Obsiegt danach in der Streitverkündungsklage die streitverkündungsklagende Partei, so tragen dessen Prozesskosten die unterliegende streitverkündungsbeklagte Partei. (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 158 ff.)

Falls es das materielle Recht vorsieht (bspw. Rechtsgewährleistung), kann die streitverkündungsklagende Partei zudem die Prozesskosten des Hauptverfahrens auf die streitverkündungsbeklagte Partei überwälzen. Um ein zweites Verfahren zu verhindern, empfiehlt sich daher, in der Streitverkündungsklage ein entsprechendes Eventualbegehren zu stellen (Die Nebenparteien im Zivilprozessrecht unter besonderer Berücksichtigung der Kantone BS, BL, AG und SO, 1979, 179 f.).

Durchsetzung der Hauptklage / Abweisung der Streitverkündungsklage

Unterliegt die streitverkündungsklagende Partei sowohl in der Hauptklage, als auch in der Streitverkündungsklage, so hat sie als unterliegende Partei die Kosten beider Verfahren zu tragen. Das Gericht kann die Prozesskosten jedoch in eigenem Ermessen verteilen (Art. 107 Abs. 1 lit. b und f ZPO), wenn die streitverkündungsklagende Partei in gutem Glauben veranlasst war, die Streitverkündungsklage einzureichen. Dies sollte jedoch die Ausnahme darstellen (Die Interventions- und Gewährleistungsklagen im Schweizer Zivilprozess, Frei, 2004, 162 f.).

Abweisung der Hauptklage / Gegenstandlosigkeit der Streitverkündungsklage

Obsiegt die streitverkündungsklagende Partei im Hauptverfahren, so fällt der Streitgegenstand des Streitverkündungsverfahrens dahin, weshalb dieser als gegenstandslos abgeschrieben wird. Die Prozesskosten der Hauptklage sind daher durch den unterliegenden Kläger zu tragen. Die bereits angefallenen Prozesskosten der Streitverkündungsklage sind durch das Gericht nach freiem Ermessen zwischen den drei Parteien zu verteilen (Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO). Die streitverkündungsbeklagte Partei soll lediglich in Ausnahmefällen die Kosten des Streitverkündungsprozesses tragen. Sah sich die streitverkündungsklagende Partei in gutem Glauben veranlasst, die Streitverkündungsklage zu erheben, so ist es naheliegend, einen Teil der Prozesskosten dem Hauptkläger aufzubürden (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 64).

Beendigung des Hauptprozesses aufgrund Rückzug, Anerkennung oder Vergleich

Eine Klageanerkennung durch die streitverkündungsklagende Partei hat zur Folge, dass diese die Kosten des Hauptprozesses zu tragen hat. Beim Klagerückzug hat der Kläger die Kosten des Hauptprozesses zu tragen. Der Vergleich hat nicht zur Folge, dass die Streitverkündungsklage gegenstandslos wird, weshalb sich die Kostentragung des Hauptverfahrens nach dem Vergleich und bei der Streitverkündung nach dessen Ausgang richtet, ausser dies war Teil des Vergleichs

IPRG

Kommt das IPRG zur Anwendung, so ist für die Streitverkündungsklage das Schweizer Gericht des Hauptprozesses zuständig (Art. 8b IPRG), sofern gegen die streitberufene Person nach IPRG ein Gerichtsstand in der Schweiz vorgesehen ist (BSK ZPO, Frei, 2013, Art. 81 N 68).

LugÜ

Grundsatz

Kommt das LugÜ zur Anwendung, so ist für die Streitverkündungsklage das Gericht des Hauptprozesses zuständig (Art. 6 Ziff. 2 LugÜ), ausser es soll dem Beklagten damit ein Gerichtsstand entzogen werden. Im Zusammenhang mit Versicherungen können Versicherer mittels Streitverkündung an den Gerichtsstand des hängigen Verfahrens zwischen dem Geschädigten und dem Versicherten geladen werden (Art. 11 Ziff. 1 LugÜ).

Zulässigkeit und Verfahren

Die Voraussetzungen der Zulässigkeit sowie das Verfahren richten sich nach der jeweils anwendbaren lex fori des Hauptverfahrens (Europäisches Zivilprozessrecht, Kropholler/Von Hein, 2011, Art. 6 EuGVO N 29), wobei aus Schweizer Sicht die Streitverkündungsklage gemeint ist.

Anerkennung und Vollstreckung

Ein Schweizer Entscheid gestützt auf einer Streitverkündungsklage wird in jedem Lugano-Übereinkommen-Konventionsstaat anerkennt und kann auch vollstreckt werden (Art. 25 ff. LugÜ). Ebenso ist die Schweiz verpflichtet, einen Entscheid aus einem Lugano-Übereinkommen-Konventionsstaat, welcher sich auf einer Streitverkündungsklage abstützt, anzuerkennen und zu vollstrecken (Art. 25 ff. LugÜ). 

Die Streitverkündungsklage ist von der einfachen Streitverkündung abzugrenzen. Bei der Streitverkündungsklage als qualifizierte Streitverkündung liegt immer auch eine einfachen Streitverkündung vor, welche eine Nebenintervention im Hauptprozess ermöglicht. Die einfachen Streitverkündung ist ohne Voraussetzungen und Bewilligung gültig, im Gegensatz zur Streitverkündungsklage. Bei der einfachen Streitverkündung wird die streitberufene Partei zudem auch nur Nebenpartei, falls sie dies wünscht. Der wichtigste Unterschied liegt jedoch in der Rechtskraft. Bei der einfachen Streitverkündung muss ein zusätzliches Regressverfahren durchgeführt werden, wo hingegen beim Streitverkündungsverfahren direkt darüber entschieden wird. 

Pamela wird ein kostbares Gemälde gestohlen. Der Dieb Simon verkauft dieses Gemälde an Klaus weiter. Als Pamela davon erfährt, fordert sie das Gemälde von Klaus heraus. Da Klaus nicht zwei Verfahren durchführen will, erhebt zusammen mit der Klageantwort eine Streitverkündungsklage gegen Simon. Im Zulassungsverfahren wird diese genehmigt. Im Urteil wird schlussendlich Klaus zur Herausgabe des Bildes verpflichtet und Simon zur Rückerstattung des Kaufpreises

Die streitverkündende Partei kann die Streitverkündungsklage gegenüber einem Dritten erheben, wenn sie diesen im Falle des Unterliegens belangen will oder wenn sie Ansprüche von diesem befürchtet. Die Zulassung der Streitverkündungsklage ist mit der Klageantwort oder der Replik im Hauptprozess zu beantragen. Für die Streitverkündungsklage gibt es ein Zulassungsverfahren, in welchem die Prozessvoraussetzungen geprüft werden. Liegen die Voraussetzungen (Begründung, Rechtsbegehren und impliziertes Rechtsschutzinteresse) vor, so fällt das Gericht nach Anhörung der Parteien einen Zwischenentscheid. Wird die Streitverkündungsklage zugelassen, so wird das Hauptverfahren fortgesetzt. Das Gericht wird zudem der streitverkündungsklagenden Partei eine Frist ansetzen, innert der die Streitverkündungsklage erneut einzureichen ist, wobei dieses Mal die üblichen formellen Voraussetzungen einer gewöhnlichen Klage (Schriftform und Unterschrift) einzuhalten sind. Die zugelassene Streitverkündungsklage kann nach Ermessen des Richters in einem separaten Verfahren oder zusammen mit dem Hauptverfahren durchgeführt werden. Das Gericht kann danach mit einem einzigen Urteil über alle Ansprüche entscheiden.

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