Vertrauen schaffen

Bürger gelangen oft zu Behörden, um eine Auskunft zu erlangen, so dass sie ihre Rechtsunsicherheit im Hinblick auf eine konkrete Fragestellung beseitigen können. Hierbei stellt sich die Frage um den Vertrauensschutz, falls eine behördliche Auskunft falsch war und dem Bürger dadurch ein Nachteil entsteht. Der Vertrauensschutz geht auf den verfassungsmässigen Schutz vor Willkür zurück und kommt bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Anwendung. Im Speziellen soll auf mögliche Vertrauensgrundlagen eingegangen werden und die Folgen einer Anwendung des Vertrauensschutzes aufgezeigt werden.

Treu und Glauben

Der Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht ist auf den Grundsatz von Treu und Glauben zurückzuführen. Dieser verlangt ein vertrauenswürdiges Verhalten aller Beteiligten und ist in der Verfassung niedergeschrieben. Er gilt sowohl zwischen Privaten, als auch zwischen Privaten und dem Staat, sowie zwischen den Gemeinwesen (Art. 5 Abs. 3 BV). Er kann nicht direkt gerichtlich durchgesetzt werden.

Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben. (Art. 5 Abs. 3 BV)

Willkürschutz

Im Zusammenhang mit dem weitergehenden Willkürschutz (Art. 9 BV), kann sich der Private direkt auf den Vertrauensschutz berufen und diesen direkt gerichtlich durchsetzen. Dies ist damit begründet, dass es sich hierbei um verfassungsmässiges Recht handelt, welches mit einer Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann. 

Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. (Art. 9 BV)

Grundsatz

Damit Private einen Vertrauensschutz im Zusammenhang mit einer falschen behördlichen Auskunft haben, müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

  • Vertrauensgrundlage;
  • Berechtigtes und gutgläubiges Vertrauen;
  • Vertrauensbetätigung;
  • Interessenabwägung.

Vertrauensgrundlage

Durch das Verhalten des staatlichen Organs wurde bei den betroffenen Privaten eine bestimmte Erwartungshaltung ausgelöst, was bspw. bei Verfügungen der Fall sein kann. 

Die Auskunft muss dabei genügend bestimmt sein, so dass sie sich als Vertrauensgrundlage eignen kann. Aus diesem Grund muss sie sich auf eine konkrete Angelegenheit beziehen und vorbehaltlos geäussert werden.

Die auskunfterteilende Behörde muss zudem für eine solche Auskunftserteilung zuständig gewesen sein, oder der Private durfte zumindest nach Treu und Glauben davon ausgehen.

Vertrauen

Die betroffenen Privaten kannten die Vertrauensgrundlage und haben deren Fehlerhaftigkeit nicht erkannt und hätten sie nach Treu und Glauben auch nicht erkennen müssen. Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zerstört dieses Vertrauen.

Vertrauensbetätigung

Aufgrund der Vertrauensgrundlage haben die Betroffenen eine Disposition (d.h. Auslage) getätigt, die nicht ohne Nachteile wieder rückgängig gemacht werden kann. 

Interessenabwägung

Beim Vertrauensschutz wird abgewägt, ob ihm ein öffentliches Interesse in überwiegender Weise entgegensteht.

Damit ein Vertrauensschutz begründet werden kann, braucht es ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den Behörden. Dieses kann durch ein Verhalten der Behörden ausgelöst werden, wenn dieses so bestimmt ist, dass die Privaten die massgeblichen Informationen daraus gewinnen können und daher eine Disposition treffen.

Dazu zählen:

  • Verfügungen und Entscheide;
  • verwaltungsrechtlichen Verträgen;
  • Auskünfte und Zusagen (unter Umständen);
  • konstante Verwaltungs- oder Gerichtspraxis (unter Umständen).

Dazu zählen nicht:

  • Zonenpläne: jederzeit abänderbar, ausser eine Zusicherung des zeitlichen Bestands wurde abgegeben;
  • Gesetze und Verordnungen: jederzeit abänderbar, jedoch Anspruch auf Übergangsregelung bei unechter Rückwirkung (Dauersachverhalte mit wohlerworbenen Rechten);
  • Geduldeter rechtswidriger Zustand: die langandauernde Duldung kann ausnahmsweise einen Vertrauensschutz begründen.

Die Rechtswirkungen des Vertrauensschutz ist der Bestandesschutz und somit Bindung der Behörde an die Vertrauensgrundlage oder subsidiär die Entschädigung des Vertrauensschadens. Die Entschädigung kommt dann zur Anwendung, wenn sowohl finanzielle Interessen beeinträchtigt sind und überwiegende Interessen eine Bindung der Behörde ausschliessen.

Sind aufgrund der Vertrauensgrundlage Fristen verpasst worden, so sind diese wiederherzustellen. Die betroffene Person soll keinen Nachteil erleiden, aber auch keinen Vorteil erlangen, weshalb eine falsche Rechtsmittelbelehrung kein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel entstehen lässt.

Damit Private einen Vertrauensschutz im Zusammenhang mit einer falschen behördlichen Auskunft haben, müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: Vertrauensgrundlage, berechtigtes und gutgläubiges Vertrauen, Vertrauensbetätigung sowie Interessenabwägung. Die Rechtswirkungen des Vertrauensschutz ist der Bestandesschutz und somit Bindung der Behörde an die Vertrauensgrundlage oder subsidiär die Entschädigung des Vertrauensschadens. 

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