Angebotenes Geld

Eine Kapitalgesellschaft nimmt eine ordentliche Kapitalerhöhung in den meisten Fällen vor, um flüssige Mittel zu beschaffen. Dabei steht die ordentliche Kapitalerhöhung als Alternative zur Darlehensbeschaffung. Da Darlehensbeschaffung nicht immer einfach ist, kann eine ordentliche Kapitalerhöhung auch bloss der Verbesserung der Eigenkapitalstruktur dienen, um gerade die Kreditwürdigkeit zu verbessern. Schliesslich werden ordentliche Kapitalerhöhungen auch vorgenommen um Sachwerte in eine Kapitalgesellschaft einzubringen (Sacheinlage).

Der Ablauf beginnt mit dem Beschluss der General- / Gesellschafterversammlung, wobei die Umsetzung dem obersten Leitungsorgan obliegt. Eine ordentliche Kapitalerhöhung kann nicht nur bar erfolgen. An was zu denken ist, können erfahrene Rechtsanwälte sagen, damit bspw. die Steuerfolgen nicht vergessen werden. 

Grundsatz

Das Aktien- (oder Stammkapital) verkörpert im Gegensatz zum Partizipationskapital, den Reserven und dem Fremdkapital diejenigen Mittel der Kapitalgesellschaft, hinter denen auch Stimmrechte stehen. Die Geldgeber werden also wesentlich enger an die Gesellschaft gebunden, als bei anderen Quellen der Mittelbeschaffung.

Unterschiede

Im Gegensatz zur genehmigten und bedingten Kapitalerhöhung ist das Verfahren bei der ordentlichen Kapitalerhöhung grösstenteils in der Hand der Gesellschafter und von relativ kurzer Dauer; sie findet daher zumeist dann Verwendung, wenn Art und Umfang der Mittelbeschaffung klar umrissen sind.

Eine ordentliche Kapitalerhöhung ist von der General-/Gesellschafterversammlung zu beschliessen (Art. 650 OR). Das Protokoll ist öffentlich zu beurkunden. In der Folge zeichnen die neuen Aktionäre/Gesellschafter die neu ausgegebenen Aktien/Stammanteile, wobei den bestehenden Anteilseignern ein Vorrecht (das sogenannte Bezugsrecht, Art. 652b OR) zusteht. Sobald alle neuen Aktien/Stammanteile gezeichnet sind und die Einlagen erbracht wurden, erstattet das oberste Leitungsorgan (Verwaltungsrat/Geschäftsführung) einen Kapitalerhöhungsbericht (Art. 652e OR) und beschliesst die entsprechende Änderung der Statuten in öffentlicher Urkunde (Art. 652g OR). Schliesslich wird die Änderung im Handelsregister eingetragen und im SHAB publiziert.

Im Beschluss der General-/Gesellschafterversammlung werden die Rahmenbedingungen für die ordentliche Kapitalerhöhung umrissen.

Dazu gehören unter anderem:

  • Der gesamte Nennbetrag, um den das Aktien-/Stammkapital erhöht werden soll,
  • der Betrag der darauf zu leistenden Einlagen,
  • Anzahl, Nennwert und Art der Aktien sowie
  • Vorrechte einzelner Kategorien,
  • der Ausgabebetrag oder die Ermächtigung an das oberste Leitungsorgan, diesen festzusetzen,
  • die Art der Einlagen und
  • eine Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechtes und
  • die Zuweisung nicht ausgeübter oder entzogener Bezugsrechte (Art. 650 OR).

Ablauf

Die Umsetzung des Beschlusses für die ordentliche Kapitalerhöhung obliegt dem obersten Leitungsorgan. Es hat dazu eine Frist von 3 Monaten. Er holt bei den Gesellschaftern die Zeichnungsscheine ein, überwacht die Erbringung der Einlage, erstattet nach Abschluss dieser Tätigkeiten den Kapitalerhöhungsbericht und beschliesst die Statutenänderung. Anschliessend meldet ein zeichnungsberechtigtes Mitglied des obersten Leitungsorgans die ordentliche Kapitalerhöhung beim Handelsregister an, das den Eintrag vornimmt und die Publikation im SHAB auslöst.

Zeithorizont

In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle werden alle Schritte für die ordentliche Kapitalerhöhung bis hin zur Anmeldung  beim Handelsregister an ein und demselben Tag vollzogen, wobei natürlich die Einlage bereits vorher geleistet wird. Es betrifft dies alle Fälle mit einem oder wenigen Gesellschaftern.

Möglichkeiten

Anstatt durch Einzahlung in bar kann eine ordentliche Kapitalerhöhung auch durch Sacheinlage, Verrechnung oder aus frei verwendbarem Eigenkapital liberiert werden. Da in diesen Fällen die Werthaltigkeit der Einlagen nicht so klar ist wie bei der Bareinlage muss zusätzlich eine Prüfungsbestätigung (Art. 652f OR), respektive ein Revisionsbericht beigebracht werden (Art. 652d OR). Weitere Vorschriften sorgen dafür, dass die Art der Liberierung leicht erkennbar ist.

Öffentliches Angebot

Ebenfalls ein Sonderfall (nicht nur für die ordentliche Kapitalerhöhung) bildet das öffentliche Angebot zur Zeichnung. Hier muss ein Emissionsprospekt erstellt werden, der zahlreiche Informationen liefern muss, namentlich die letzte Jahresrechnung und Konzernrechnung mit dem Revisionsbericht und die in den letzten fünf Jahren oder seit der Gründung ausgerichteten Dividenden (Art. 652a OR).

Wichtig ist, dass im Vorfeld einer geplanten Kapitalerhöhung geprüft wird, ob diese das einzige und beste Mittel zur Zielerreichung ist. Diese Prüfung sollte nicht nur aus steuerlicher Sicht erfolgen. Wichtig ist auch die Frage des Marktauftritts, die Liquiditätsplanung, das Verhältnis zur kreditgebenden Bank und das Verhältnis unter den bestehenden wie auch zu allenfalls neuen Gesellschaftern. Idealerweise spannen Steuerberater, Finanzchef und Notar daher im Vorfeld dieses Schrittes zusammen.

Bei Kapitalerhöhungen über eine Aktienkapital von total CHF 1‘000‘000.00 hinaus, wird die Emissionsabgabe in Höhe von 1% erhoben.

Ordentliche Kapitalerhöhungen gehören gut geplant, da sie in den verschiedensten Rechtsbereichen erhebliche Auswirkungen haben. Ausserdem ist der Ablauf vom Gesetzgeber so komplex angelegt, dass man sich auch hier keine Fehler erlauben darf. Im Zeitpunkt der Beurkundung des Generalversammlungsbeschlusses muss daher jeder Schritt genau festgelegt sein.

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Unser Autor

Rechtsanwälte & Notare Waldmann Petitpierre

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