Geplagter Geschäftsmann

Eine Aktiengesellschaft hat die Möglichkeit, ihr Kapital herabzusetzen, solange die Gläubiger dadurch nicht in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Letztere bedürfen besonderen Schutzes. Die Kapitalherabsetzung kann bspw. bei einer Überkapitalisierung aber auch bei einem Sanierungsbedarf des Unternehmens behilflich sein.

Der Zweck einer Kapitalherabsetzung kann unterschiedlicher Natur sein, wobei zudem verschiedene Arten der Umsetzung existieren. Der Ablauf einer Herabsetzung ist relativ aufwendig, auf jeden Fall ist aber ein Beschluss der Generalversammlung erforderlich. Die Gläubigerrechte müssen dabei in jedem Fall besonders geschützt werden. Der Herabsetzungsbetrag kann auf unterschiediche Weise verwendet werden. Auch bei der Kapitalherabsetzung gibt es ein paar Spezialfälle, sowie einige interessante steuerliche Aspekte zu beachten.

Eine Kapitalherabsetzung bedeutet eine Ver­min­de­rung des No­mi­nal­be­tra­ges des Grund­ka­pi­tals, welcher in den Statuten einer Aktiengesellschaft festgelegt ist. Diese Kapitalmassnahme kann einer Aktiengesellschaft in verschiedenen Situationen behilflich sein.

Die Kapitalherabsetzung kann dabei nützlich sein, einen bestehenden Bilanzverlust zu beseitigen oder aber auch dann, wenn zu viel Eigenkapital vorhanden ist. Diesfalls kann mit der Kapitalherabsetzung überschüssiges Kapital an die Aktionäre verteilt werden. Ausserdem kann die Kapitalherabsetzung dem Ausscheiden von Aktionären, der Vernichtung eigener Aktien der Gesellschaft oder einer Spaltung dienen.

Reduktion der Anzahl von Aktien

Eine Möglichkeit zur Kapitalherabsetzung ist die Reduktion der Aktien-Anzahl einer Gesellschaft. Dies kann entweder durch Zusammenlegung der Aktien (Art. 623 OR) erfolgen oder durch den Rückkauf von Aktien. Eine Kombination dieser beiden Optionen ist ebenso möglich.

Herabsetzung des Nennwertes der Aktien

Bei dieser Umsetzungsart wird den Aktionären ein Teil des Nennwerts ihrer Aktie/n zurückbezahlt. Dadurch lässt sich der Nominalbetrag des Grundkapitals vermindern.

Revisionsbericht

Zuerst holt Verwaltungsrat den erforderlichen Revisionsbericht vom Revisionsexperten ein. (Art. 732 Abs. 2 OR)

Einladung zur Generalversammlung

Der Verwaltungsrat lädt dann die Aktionäre zur Generalversammlung ein. Die Kapitalherabsetzung muss auf der Traktandenliste aufgeführt werden. (Art. 700 Abs. 2 OR)

Beschluss der Herabsetzung

Die Generalversammlung muss die Kapitalherabsetzung beschliessen. (Art. 732 Abs. 1 OR)

Öffentliche Beurkundung

Dieser Beschluss der Generalversammlung muss öffentlich beurkundet werden. (Art. 647 OR)

Publikation und Mitteilung

Der Beschluss der Kapitalherabsetzung muss dreimal im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert werden. Daraufhin muss eine Mitteilung an die Gläubiger gemacht werden. (Art. 733 OR)

Anmeldung der Forderungen

Die Gläubiger können, innert 2 Monaten seit der dritten Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt, ihre Forderungen anmelden. (Art. 733 OR)

Vollzug der Kapitalherabsetzung

Es entsteht eine Wartezeit, in der die Kapitalherabsetzung vollzogen wird.

Öffentliche Beurkundung der Kapitalherabsetzung

Die korrekt durchgeführte Kapitalherabsetzung muss öffentlich beurkundet werden. (Art. 734 OR)

Anmeldung beim Handelsregisteramt

Die Kapitalherabsetzung ist beim Handelsregisteramt anzumelden. (Art. 734 OR)

Beschluss zur Änderung der Statuten

Wenn eine Aktiengesellschaft ihr Aktienkapital herabsetzen möchte, ohne dieses wieder durch neues Kapital zu ersetzen, ist ein Beschluss der Generalversammlung über eine Änderung der Statuten erforderlich. (Art. 732 Abs. 1 OR)

Anwesenheit eines Revisionsexperten

Ein zugelassener Revisionsexperte muss bei der Beschlussfassung in der Generalversammlung anwesend sein und einen Prüfungsbericht zum Schutz der Gläubiger verfassen. (Art. 732 Abs. 2 OR)

Ergebnis des Prüfungsberichtes

Das Ergebnis des Prüfungsberichtes muss im Beschluss festgestellt werden. (Art. 732 Abs. 3 OR)

Art und Weise der Kapitalherabsetzung

Auch die Art und Weise, wie die Kapitalherabsetzung erfolgen soll, muss im Beschluss der Generalversammlung angegeben werden. (Art. 732 Abs. 3 OR)

Kapitalherabsetzung mit Kapitalabfluss

Besonders bei der Kapitalherabsetzung mit Kapitalabfluss, beispielsweise bei Beseitigung einer Überkapitalisierung, sind die Gläubigerrechte gefährdet und müssen daher besonders geschützt werden. Dies aus dem Grund, weil sich das Grundkapital der Gesellschaft vermindert. Daher ist auch das Verfahren zur Kapitalherabsetzung ein relativ aufwendiges Verfahren. So haben die Gläubiger beispielsweise das Recht, innert 2 Monaten seit der dritten Publikation einer Kapitalherabsetzung im Schweizerischen Handelsamtsblatt, ihre Forderungen anzumelden. Sie können einerseits Befriedigung und andererseits Sicherstellung verlangen. (Art. 733 OR)

Kapitalherabsetzung ohne Kapitalabfluss

Bei der Kapitalherabsetzung ohne Kapitalabfluss sind die Gläubigerrechte nicht in dem Ausmass gefährdet, wie bei der Kapitalherabsetzung mit Kapitalabfluss. Denn in diesem Fall vermindert sich das Grundkapital der Gesellschaft nicht, weshalb das Vermögen der Gläubiger nicht betroffen ist. Folglich sind hier Befriedigung und Sicherstellung nicht zu gewähren.

Zugelassener Revisionsexperte

Ausserdem darf die Generalversammlung einen Beschluss zur Kapitalherabsetzung nur dann fassen, wenn ein offiziell zugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die Gläubigerforderungen trotz der Kapitalherabsetzung voll gedeckt sind. (Art. 732 Abs. 2 OR)

Der Gesellschaft stehen verschiedene Möglichkeiten offen, wie der Herabsetzungsbetrag verwendet werden kann:

  • In Form einer Rückerstattung an die Aktionäre
  • Durch eine Gutschrift an die Aktionäre auf ihr Konto bei der Aktiengesellschaft
  • Zur Beseitigung einer Unterbilanz der Gesellschaft
  • Für die Wertberichtigung des Kontos „Eigene Aktien“ / zur Auflösung der Reserve, welche für eigene Aktien gebildet wurde.

Harmonika-Sanierung

Wird das Aktienkapital zum Zweck der Sanierung herabgesetzt und im Anschluss daran gleich wieder erhöht, so handelt es sich um eine Harmonika-Sanierung. Die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre gehen dabei unter und die ausgegebenen Aktien müssen zerstört werden (Art. 732a Abs. 1 OR). Bei der erneuten Erhöhung des Aktienkapitals steht den Aktionären der Gesellschaft ein sogenanntes Bezugsrecht zu, welches ihnen nicht verweigert werden kann (Art. 732a Abs. 2 OR).

Sanierung einer Unterbilanz

Wenn das Aktienkapital zur Beseitigung einer Unterbilanz herabgesetzt wird, so müssen die Gläubiger nicht befriedigt oder sichergestellt werden. Diese trifft allerdings nur dann zu, wenn die Kapitalherabsetzung den Betrag der Unterbilanz nicht übersteigt. Dann fliesst nämlich kein Kapital aus der Gesellschaft ab, weswegen die Rechte der Gläubiger nicht gefährdet werden. Man nennt diesen Fall der Kapitalherabsetzung ohne Mittelabfluss auch deklaratorische Kapitalherabsetzung. (Art. 735 OR)

Kapitaleinlageprinzip

Seit Januar 2011 ist die Rückzahlung von Kapitaleinlagen, die nach dem 31. Dezember 1996 eingezahlt wurden, ohne steuerliche Belastung möglich. Der Rückkauf und die Vernichtung von Beteiligungsrechten sind ohne steuerliche Nachteile möglich, wenn die Auszahlung, die den Nennwert übersteigt, von den Reserven aus Kapitaleinlagen abgezogen wird.

Nennwertprinzip

Bevor das Kapitaleinlageprinzip 2011 eingeführt wurde, war die Rückzahlung von Kapitaleinlagen nur im Umfange des Nennwerts steuerfrei möglich. Aus diesem Grund wurde die Kapitalherabsetzung in den meisten Fällen durch eine Nennwertreduktion herbeigeführt.

Arnold Arm ist Aktionär bei der Aktiengesellschaft WILLIG. Ausser ihm hat die WILLIG-AG noch 9 weitere Aktionäre. Jede Aktie hat einen Nennwert von 1’000’000.-. Die WILLIG-AG verfügt jedoch über zu viel Kapital, gemessen an ihrer Geschäftstätigkeit. Daher würde sie gerne den Nominalbetrag ihres Grundkapitals senken. Die Generalversammlung beschliesst eine Kapitalherabsetzung. Alle Aktionäre, so auch Arnold Arm, erhalten in der Folge 400’000.- des Nennwerts ihrer Aktie ausbezahlt. Die Aktien haben nun lediglich noch einen Nennwert von 600’000.-, womit der Nominalbetrag des Grundkapitals der WILLIG-AG von 10’000’000.- auf 6’000’000.- gesenkt werden konnte. Den Aktionären ist kein Schaden entstanden, alle haben ihren Anteil des Nennwerts ausbezahlt erhalten. Die WILLIG-AG konnte ihre Überkapitalisierung vermindern.

Die Kapitalherabsetzung bedeutet eine Ver­min­de­rung des No­mi­nal­be­tra­ges des Grund­ka­pi­tals, welches in den Statuten einer Gesellschaft festgelegt ist oder eine Reduktion der Aktien-Anzahl einer Gesellschaft. Dieses Vorgehen kann dabei nützlich sein, einen Bilanzverlust zu beseitigen. Auch wenn zu viel Eigenkapital vorhanden ist, kann eine Herabsetzung vorgenommen werden, um überschüssiges Kapital an die Aktionäre zu verteilen. Ausserdem kann die Kapitalherabsetzung dem Ausscheiden von Aktionären, der Vernichtung eigener Aktien der Gesellschaft oder einer Spaltung dienen.

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Unser Autor

Rechtsanwälte & Notare Waldmann Petitpierre

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