Die Individualbesteuerung ist ein System der Einkommensbesteuerung, bei dem jede natürliche Person als eigenständiges Steuersubjekt behandelt wird, unabhängig vom Zivilstand. Dies steht im Gegensatz zur in der Schweiz derzeit geltenden Zusammenveranlagung (Familienbesteuerung), bei der Ehepaare gemeinsam veranlagt werden.

Am 8. März 2026 entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung (indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandunabhängige Individualbesteuerung»).

Mit dem folgenden Rechner lässt sich die geschätzte Belastung durch die direkte Bundessteuer unter dem neuen System simulieren. Die Berechnung berücksichtigt die geplanten Tarife sowie die erhöhten Kinderabzüge.

Ergebnis (Direkte Bundessteuer):

Steuer Heute:-
Steuer Neu (Individual):-
-
Rechner: LexWiki.ch
Berücksichtigte Parameter (Bund 2025):
• Sozialabzüge pauschal: 15% vom Brutto (AHV/IV/PK)
• Berufskosten: 3% (min. 2'000, max. 4'000)
• Krankenkasse: 1'800 (Einzel), 3'700 (Paar), 700 (Kind)
• Kinderabzug (Einkommen): Heute 6'800, Neu 12'000
• Kinderermässigung (Steuerbetrag): Heute 263, Neu 259
• Verheiratetenabzug: 2'800 (nur Status Quo)
• Zweiverdienerabzug: 50% des tieferen Einkommens (min. 8'600, max. 14'100)
Haftungsausschluss: Dieser Rechner dient reinen Informationszwecken. Die Ergebnisse sind unverbindliche Schätzungen basierend auf dem Gesetzesentwurf zur Individualbesteuerung. Die Berechnung betrifft ausschliesslich die direkte Bundessteuer. LexWiki übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit.

Das heutige System der direkten Bundessteuer addiert die Einkommen von verheirateten Paaren (Faktorenaddition). Da der Steuertarif progressiv ausgestaltet ist, führt diese Zusammenrechnung zu einer höheren prozentualen Steuerbelastung als bei unverheirateten Konkubinatspaaren mit identischem Gesamteinkommen.

Diese steuerliche Mehrbelastung wird als Heiratsstrafe bezeichnet. Das Bundesgericht hat diese Ungleichbehandlung bereits 1984 als verfassungswidrig qualifiziert (BGE 110 Ia 7 E4 d). Ziel der Vorlage zur Individualbesteuerung ist der Wechsel zu einer zivilstandsneutralen Besteuerung.

Das zur Abstimmung stehende Bundesgesetz sieht einen grundlegenden Wechsel von der gemeinsamen zur getrennten Veranlagung vor. Die zentralen Mechanismen sind:

  • Getrennte Deklaration: Jede erwachsene Person füllt eine eigene Steuererklärung aus, unabhängig davon, ob sie verheiratet ist oder nicht.
  • Individueller Tarif: Die Einkommen von Ehepartnern werden nicht mehr addiert. Jede Person wird separat zum für sie geltenden Tarif besteuert.
  • Zurechnung von Vermögen: Einkommens- und Vermögenswerte werden derjenigen Person steuerlich zugerechnet, die zivilrechtlich Eigentümerin oder Empfängerin ist.

Der Systemwechsel erfolgt zunächst auf Ebene der direkten Bundessteuer. Durch die Anpassung des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) sind die Kantone jedoch verpflichtet spätestens ab 2032, das System ebenfalls zu übernehmen. 

Um die Verteilungswirkungen des Systemwechsels abzufedern, sieht der Gesetzgeber flankierende Massnahmen vor:

  • Erhöhung der Kinderabzüge: Der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer wird auf CHF 12’000 pro Kind angehoben. Dieser Abzug wird hälftig zwischen den Elternteilen aufgeteilt (je CHF 6’000).
  • Anpassung der Tarife: Der Steuertarif wird für alle Steuerpflichtigen angepasst. Insbesondere die Progression für tiefe und mittlere Einkommen wird abgeflacht, um alleinstehende Personen und Einelternfamilien zu entlasten. Für Steuerpflichtige mit hohen Einkommen steigt die Steuerbelastung aufgrund der steileren Progression jedoch an.

Der Übergang zur Individualbesteuerung führt zu einer Verschiebung der Steuerlast. Die Auswirkungen lassen sich in folgende Kategorien unterteilen:

1. Zweiverdiener-Ehepaare (Tendenz: Entlastung)

Paare, bei denen beide Partner ein Einkommen erzielen, werden in der Regel entlastet. Durch die getrennte Veranlagung wird die Progression gebrochen; das zweite Einkommen wird nicht mehr zum hohen Grenzsteuersatz des ersten Einkommens versteuert. Je gleichmässiger das Einkommen verteilt ist, desto höher fällt die Entlastung aus.

2. Einverdiener-Ehepaare (Tendenz: Mehrbelastung)

Paare, bei denen nur eine Person ein Erwerbseinkommen erzielt, müssen mit einer Mehrbelastung rechnen. Das gesamte Haushaltseinkommen wird einer einzigen Person zugerechnet. Da der bisherige „Verheiratetenabzug“ entfällt, greift hier oft eine höhere Progressionsstufe. Der Kinderabzug wird erhöht, kann jedoch durch die Elternteile jeweils nur noch zur Hälfte geltend gemacht werden kann, so dass sich auch dieser Abzug bei Einverdiener-Ehepaaren leicht reduziert.

3. Unverheiratete Personen

Alleinstehende und Konkubinatspaare profitieren indirekt durch die allgemeine Senkung der Steuertarife im unteren und mittleren Bereich, und sind im oberen Bereich mit einer leichten Erhöhung konfrontiert.

4. Steuerausfall

Die Vorlage würde bei der direkten Bundessteuern zu geschätzten Mindereinnahmen von insgesamt ca. CHF 630 Mio. (Basis: 2026) führen. Sie verteilen sich zu 78.8% auf den Bund und zu 21.2% auf die Kantone.  Ob und wie diese Steuerausfälle kompensiert werden ist noch nicht festgelegt.  

Die Vorlage ist politisch umstritten. Die Argumentarien der Lager lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Befürwortende Argumente (u.a. FDP, GLP, SP, Grüne, Wirtschaftsverbände)

  • Verfassungsmässigkeit: Die Reform setzt die geforderte Gleichbehandlung der Zivilstände um und beseitigt die Heiratsstrafe.
  • Erwerbsanreize: Die Reform reduziert die negative Erwerbsanreize für Zweitverdienende (meist Frauen), da sich Mehrarbeit steuerlich stärker lohnt (Fachkräfteinitiative).

Gegenargumente
(u.a. Die Mitte, SVP, EVP, EDU, Bauernverband)

  • Administrativer Aufwand: Die Anzahl der Steuererklärungen erhöht sich signifikant (bei Ehepaaren verdoppelt sie sich; Schätzungen bewegen sich im Bereich von 1.7 Mio. zusätzlichen Steuererklärungen, was wiederum mit erheblichen administrativen Kosten verbunden ist).
  • Wirtschaftliche Einheit: Kritiker bemängeln, dass die Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft steuerlich nicht mehr abgebildet wird, was Einverdiener-Modelle benachteiligt und die Lösung damit wiederum ein Lebensmodell steuerlich bevorzugt.

Die nachfolgenden Beispiele illustrieren die finanziellen Auswirkungen bei der direkten Bundessteuer (Werte gerundet):

Beispiel 1: Zweiverdiener-Ehepaar mit Kindern
Einkommen A: CHF 80’000 / Einkommen B: CHF 70’000
Steuer heute: ca. CHF 1’800
Steuer neu: ca. CHF 450
➡️ Differenz: Entlastung um ca. CHF 1’350

Beispiel 2: Einverdiener-Ehepaar (Hohes Einkommen)
Einkommen A: CHF 150’000 / Einkommen B: CHF 0
Steuer heute: ca. CHF 2’700
Steuer neu: ca. CHF 5’300
➡️ Differenz: Mehrbelastung um ca. CHF 2’600

Beispiel 3: Einverdiener-Ehepaar (Mittleres Einkommen)
Einkommen A: CHF 110’000 / Einkommen B: CHF 0
Steuer heute: ca. CHF 650
Steuer neu: ca. CHF 1’900
➡️ Differenz: Mehrbelastung um ca. CHF 1’250

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