Portemonnaie in der Klemme

Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)) dienen der Förderung unternehmerischer Tätigkeit, in dem sie das wirtschaftliche Risiko der GesellschafterInnen auf das eingebrachte Kapital beschränken (Aktienkapital, Stammkaital). Ausnahmen hiervon gibt es nur bei öffentlich-rechtlichen Abgaben, namentlich den AHV-Beiträgen und der Verrechnungssteuer.

Wer also Geschäfte mit einer Kapitalgesellschaft eingeht, kann im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners nicht auf das Privatvermögen der GesellschafterInnen zurückgreifen. Aus diesem Grunde widmet das Gesetz dem Erhalt des eingebrachten Kapitals seine besondere Aufmerksamkeit. Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind. Bevor es zu einer Überschuldung kommt, greifen aber zwei Sicherungsmassnahmen (Kapitalverlust und Verdacht der Überschuldung). 

Massnahmen

Eine der vorgesehenen Massnahmen ist die Pflicht des leitenden Organs (AG: Verwaltungsrat, GmbH: Geschäftsführung) bei einer finanziellen Schieflage der Gesellschaft Massnahmen einzuleiten, sobald ein Kapitalverlust vorliegt (Art. 725 Abs. 1 OR), respektive im Falle der Überschuldung die Bilanz zu deponieren (Art. 725 Abs. 2 OR).

Ziel

Damit soll verhindert werden, dass eine Gesellschaft, die bereits nicht mehr in der Lage ist alle ihre Gläubiger zu befriedigen, ihre (Verlust-)Geschäfte fortsetzt und dadurch noch mehr Gläubiger zu Schaden kommen. 

Definition

Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind (Art. 725 Abs. 2 OR).

Bilanz

Bilanziell ausgedrückt bedeutet dies, dass der Verlust grösser ist, als das Gesellschaftskapital und die Reserven zusammen, weshalb das Fremdkapital durch die Aktiven nicht gedeckt ist.

Beispiel

In Zahlen dargestellt bedeutet dies:

Aktiven   Passiven  
Umlaufvermögen 100 Fremdkapital 400
Anlagevermögen 200 Aktienkapital 300
    Reserven 100
Verlust 500    
Bilanzsumme 800   800

Grundsatz

Bevor es zur Überschuldung kommt, sind 2 Sicherungsmassnahmen vorgeschaltet:

  1. Kapitalverlust (Art. 725 Abs. 1 OR)
  2. Verdacht der Überschuldung (Art. 725 Abs. 2 OR)

Kapitalverlust

Zeigt die letzte Jahresbilanz, dass die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist, so beruft der Verwaltungsrat unverzüglich eine Generalversammlung ein und beantragt ihr Sanierungsmassnahmen.

Hier können bereits verschiedene Massnahmen ergriffen werden. Die nachfolgenden sind die bekanntesten und wohl häufigsten Gegenmassnahmen:

Verdacht der Überschuldung

Bereits wenn begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, muss eine Zwischenbilanz erstellt und diese einem zugelassenen Revisor zur Prüfung vorgelegt werden. 

Kapitalverlust

Der Kapitalverlust muss der Überschuldung also nicht zwingend vorausgehen.

Zahlungsunfähigkeit

Ebenso wenig ist eine Zahlungsunfähigkeit ein notwendiger Durchgangspunkt bevor es zur Überschuldung kommt. 

Spezialfall

Die Zahlungsunfähigkeit kann hingegen in anderem Zusammenhang eine Rolle spielen: Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes sind Konstellationen denkbar, in denen zwar zu Liquidations-, nicht aber zu Fortführungswerten eine Überschuldung gegeben ist. Liegt hier gleichzeitig Zahlungsunfähigkeit vor, kann dies für die Pflicht zur Konkursanzeige auch ausreichend sein. 

Stellt die Revision aufgrund der in Fall 2 erstellten Zwischenbilanz die Überschuldung fest, so muss das Gericht benachrichtigt werden (Art. 725 OR). 

Dieses eröffnet entweder den Konkurs (Art. 736 Ziff. 3 OR) oder schiebt den Konkurs auf, wenn Aussicht auf eine Sanierung besteht (Art. 725a Abs. 1 OR). 

Für das leitende Organ gilt es aufgrund dieser Bestimmungen jederzeit, die Bilanz im Kopf zu haben. Eine funktionierende und aktuelle Buchhaltung ist unerlässlich um diesen Pflichten nachzukommen. Auch wenn – anders als in Deutschland bei der Insolvenzverschleppung – die Konkursverschleppung an sich in der Schweiz nicht strafbar ist, kann sie zivilrechtliche Konsequenzen für die leitenden Organe (und unter gewissen Bedingungen auch die Revisionsstelle) haben. Diese haften den Gläubigern, die durch nicht oder zu spät eingeleitete Massnahmen zu Schaden gekommen sind, nämlich mit ihrem persönlichen Vermögen

Die Zement und Beton AG mit Sitz in Basel wurde durch die schlechte Auftragslage arg gebeutelt. Trotz den Reserven von 4 Millionen Franken und einem Aktienkapital von 100’000 Franken, konnte der Jahresverlust von fast 5 Millionen Franken nicht gedeckt werden. Die Zement und Beton AG ist überschuldet und der Verwaltungsrat musste die Bilanz deponieren. Da voraussichtlich ein grosser Auftrag reinkommt und damit Aussicht auf eine Sanierung besteht, wurde der Konkurs aufgeschoben.

Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind. Bereits wenn begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, muss eine Zwischenbilanz erstellt und diese einem zugelassenen Revisor zur Prüfung vorgelegt werden. Stellt die Revision aufgrund der Zwischenbilanz die Überschuldung fest, so muss das Gericht benachrichtigt werden (Art. 725 OR). Dieses eröffnet entweder den Konkurs (Art. 736 Ziff. 3 OR) oder schiebt den Konkurs auf, wenn Aussicht auf eine Sanierung besteht (Art. 725a Abs. 1 OR). 

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Unser Autor

Rechtsanwälte & Notare Waldmann Petitpierre

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