Kalte Betten und leere Wohnungen – mit diesen Schlagwörtern konnte das Schweizer Volk im März 2012 davon überzeugt werden, den Neubau von Zweitwohnungen zu verbieten. Das Gesetz zur Umsetzung steht mittlerweile und wird 2016 voraussichtlich in Kraft treten. Die Baselbieter SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer kämpfte damals für die Annahme für die Zweitwohnungsinitiative und wie bekannt wurde, hat sie sich vor der Abstimmung selber noch eine eigene Zweitwohnung gekauft. Ginge das mit dem neuen Gesetz immer noch und auf was muss geachtet werden?

Am 11. März 2012 wurde die Zweitwohnungsinitiative angenommen, welche den Bau von neuen Zweitwohnungen in Gemeinden verbietet, die bereits mehr als 20% Zweitwohnungen haben. Zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative wurde Anfang 2013 eine Verordnung erlassen, welche im Januar 2016 durch ein Gesetz ersetzt wird, ausser das Referendum wird dagegen ergriffen. Dieser Artikel wird auf das Gesetz eingehen.

Grundsatz

Das Zweitwohnungsgesetz (ZWG) regelt, dass eine Zweitwohnung jede Wohnung ist, die weder eine Erstwohnung ist, noch einer Erstwohnung gleichgestellt ist (Art. 2 Abs. 4 ZWG). Was heisst das jetzt? Schauen wir uns deshalb als erstes an, was nach dem Zweitwohnungsgesetz überhaupt eine Erstwohnung ist. 

Wohnung

Was eine Wohnung ist, ist eigentlich klar. Das Gesetz ist aber genau und definiert als Wohnung eine bauliche Einheit von Räumen, die bewohnbar ist und über eine Küche verfügt (Art. 2 Abs. 1 ZWG). Schauen wir deshalb, wann eine Wohnung eine Erstwohnung ist, um herauszufinden, was eine Zweitwohnung ist.

Erstwohnung

Eine Erstwohnung ist es dann, wenn die Wohnung mindestens von einer Person genutzt wird, die sich in der Gemeinde niedergelassen hat. (Art. 2 Abs. 2 ZWG)

Einer Erstwohnung gleichgestellte Wohnung

Eine Wohnung wird einer Erstwohnung gleichgestellt, wenn sie 

  • zu Erwerbs- oder Ausbildungszwecken dauernd bewohnt ist;
  • von einem Privathaushalt dauernd bewohnt ist, der im gleichen Gebäude eine andere Wohnung dauernd bewohnt;
  • von Personen bewohnt wird, die sich nicht beim Einwohneramt melden müssen (bspw. Diplomaten);
  • seit weniger als einem Jahr leerstehen, bewohnbar sind und zur dauernden Miete oder Verkauf angeboten werden (sog. Leerwohnungen);
  • zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden und aufgrund der Höhenlage nicht das ganze Jahr zugänglich sind;
  • zur kurzzeitigen Unterbringung von Personal von Unternehmen genutzt werden;
  • als Dienstwohnung genutzt werden (Gastgeweber, Spital oder Heim), oder
  • rechtmässig vorübergehend anders als zum Wohnen genutzt werden. (Art. 2 Abs. 3 ZWG)

Zweitwohnung

Was ist nun eine Zweitwohnung? Nach dem Ausschlussverfahren sind Zweitwohnung solche Wohnungen, die keine Erstwohnungen oder den Erstwohnungen gleichgestellte Wohnungen sind.

Bauverbot: 20%-Hürde

In jeder Gemeinde mit einem Anteil an Zweitwohnungen von mehr als 20%, dürfen keine neuen Zweitwohnungen mehr gebaut werden. (Art. 6 Abs. 1 ZWG)

Wie wird der Anteil an Zweitwohnungen festgestellt?

Jede Gemeinde in der Schweiz ist verpflichtet, ein Wohnungsinventar zu erstellen. In diesem Wohnungsinventar wird die Anzahl der Wohnungen und die Anzahl der Erstwohnungen aufgeführt. Die den Erstwohnungen gleichgestellten Wohnungen können zwar separat aufgeführt werden, werden jedoch den Erstwohnungen zugerechnet. Auf Basis dieser Zahlen kann die Anzahl der Zweitwohnungen festgestellt werden. (Art. 4 ZWG)

Ist das Wohnungsinventar eine Pflicht?

Ja. Jede Gemeinde muss ein Wohnungsinventar erstellen. Macht sie das nicht, dann wird angenommen, das der Zweitwohnungsanteil in der entsprechenden Gemeinde höher als 20% ist. In Ausnahmefällen kann der jeweiligen Gemeinde aber eine Nachfrist für das Wohnungsinventar gewährt werden. (Art. 5 Abs. 2 ZWG) Der Bund hat auf Basis von statistischen Daten eine Schätzung vorgenommen, wie hoch der Anteil an Zweitwohnungen je Gemeinde ist.

Grundsatz

Wenn eine Gemeinde einen Zweitwohnungsanteil von über 20% aufweist, so dürfen neue Wohnungen nur bewilligt werden, wenn sie folgendermassen genutzt werden:

Solche neuen Wohnungen werden mit einer Nutzungsbeschränkung versehen. Dies bedeutet, dass sie nicht als Zweitwohnung genutzt werden dürfen.

Was ist eine touristische Bewirtschaftung?

Definition

Eine Wohnung wird touristisch bewirtschaftet, wenn sie dauerhaft zur ausschliesslichen kurzzeitigen Nutzung durch Gäste angeboten wird und die Bedingungen markt- und ortsüblich sind. (Art. 7 Abs. 2 ZWG) 

Ziel

Damit soll gewährleistet werden, das warme Betten geschaffen werden und diese zu attraktiven Preisen vermietet werden können – auch in der Hauptsaison. Eine langfristige Vermietung ist daher nicht möglich, denn eine gewisse Intensität der Nutzung soll sichergestellt werden. (Botschaft zum Zweitwohnungsgesetz)

Weitere Voraussetzungen

Eine touristisch bewirtschaftete Wohnung kann in folgenden drei Szenarien vorliegen:

  1. die Wohnung muss im gleichen Haus sein, wie der Eigentümer seinen Hauptwohnsitz hat; oder
  2. die Wohnung darf nicht
    • auf die persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers zugeschnitten sein und
    • im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebes (bspw. Hotelresorts) bewirtschaftet sein; oder
  3. Wohnungen ausserhalb von strukturierten Beherbergungsbetrieben dürfen 
    • nicht auf die persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers zugeschnitten sein,
    • eine Zertifizierung für ihre Qualitätskategorie haben,
    • in der Hauptsaison grösstenteils verfügbar sein,
    • auf einer kommerziell bewirtschafteten Vertriebsplattform angeboten werden und
    • im kantonalen Richtplan vorgesehen sein. (Art. 7 Abs. 2 ZWG)

Strukturierter Beherbungsbetrieb

Ein strukturierter Beherbergungsbetrieb liegt vor, wenn für die Wohnungen ein hotelähnliches Betriebskonzept (inkl. minimaler Infrastruktur wie Rezeption) vorliegt und der Betrieb eine Minimalgrösse aufweist (Botschaft zum Zweitwohnungsgesetz, Seite 17). 

Keine strukturierten Beherbungsbetriebe

Wenn eine Wohnung kein strukturierter Beherbungsbetrieb ist, dann muss das Gebiet, in dem solche Wohnungen zulässig sind, im kantonalen Richtplan festgelegt werden. Dies wird unter folgenden Voraussetzungen geschehen:

  • das kantonale Tourismus-Entwicklungskonzept sieht eine hohe touristische Bedeutung in diesem Gebiet;
  • die Nachfrage nach Beherbungsmöglichkeiten ist nicht gedeckt;
  • das Gebiet ist nicht intensiv touristisch genutzt;
  • der Wohnungsbau stimmt mit der Strategie der kantonalen Raumentwicklung überein, und
  • die bestehenden Zweitwohnungen sind bereits ausgelastet. (Art. 8 Abs. 2 ZWG)

Neubau

Die Gemeinde darf Neubauten nur bewilligen, wenn im Baugesuch nachgewiesen wird, dass die bestehenden Zweitwohnungen nicht für das neue Beherbergungsangebot genutzt werden können. (Art. 8 Abs. 3 ZWG)

Grundsatz

Alle Zweitwohnungen, die vor dem 11. März 2012 bereits standen oder rechtskräftig bewilligt waren, sind in der Art und Weise, wie sie genutzt werden, frei. (Art. 12 Abs. 1 ZWG) Bestehende Zweitwohnungen müssen daher nicht umgenutzt werden und altrechtliche Erstwohnungen dürfen zu Zweitwohnungen umfunktioniert werden, solange dies nicht missbräuchlich geschieht. Die Kantone dürfen diese Umnutzung gesetzlich einschränken.  

Umbau und Erneuerung

Bestehende Wohnungen, sog. altrechtliche Wohnungen, dürfen im Umfang der bestehenden Hauptnutzungsfläche umgebaut, erneuert und wieder aufgebaut werden. Werden dadurch aber neue Wohnungen geschaffen, so ist dies ebenfalls zulässig. (Art. 12 Abs. 2 ZWG)

Erweiterung

Wer seine altrechtliche Wohnung erweitern will und dadurch neue Hauptnutzungsfläche schafft, darf dies nur, wenn er die neu geschaffene Wohnung als Erstwohnung oder als touristisch bewirtschaftete Wohnung angibt. Diese Wohnung erhält dann deshalb eine Nutzungsbeschränkung, wie eine reguläre neue Wohnung. (Art. 12 Abs. 3 ZWG)

Neue Wohnungen

Die Querfinanzierung von Hotelneubauten durch den Verkauf von Zweitwohnungen hat einen hohen Stellenwert für die Hotellerie. Daher ist es möglich, das strukturierte Beherbergungsbetriebe, wie bspw. Hotels, Zweitwohnungen bauen, auch wenn der Anteil an Zweitwohnungen in der Gemeinde höher als 20% ist. Dies ist aber nur zulässig, wenn die Weiterführung des bestehenden Betriebs im Vordergrund steht und die Einnahmen aus der Zweitwohnung in den Betrieb investiert werden. Die Zweitwohnungen können entweder vermietet oder zum Verkauf vorgesehen sein. Als Voraussetzung gilt, dass diese Wohnungen eine bauliche und funktionale Einheit mit dem Beherbergungsbetrieb bilden. (Art. 9 Abs. 1 ZWG)

Umnutzung zu Wohnungen

Wenn ein strukturierter Beherbergungsbetrieb seit mindestens 25 Jahren bewirtschaftet wird und dieser aus wirtschaftlichen Gründen nicht weitergeführt werden kann, dann darf dieser zu Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung umfunktioniert werden, d.h. zu einer klassischen Zweitwohnung. (Art. 9 Abs. 2 ZWG)

Jedes Gesetz will durchgesetzt werden! Wird eine Wohnung nicht rechtmässig genutzt, so darf die zuständige Behörde:

  • mit einer Nachfrist die auflagenkonforme Nutzung verlangen;
  • die Wohnung ansonsten versiegeln lassen und eine Busse von max. 10’000 Franken verhängen (Art. 292 StGB);
  • die Wohnung anschliessend durch die Gemeinde vermieten lassen. (Art. 18 ZWG)

Frau Leutenegger Oberholzer hat zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin eine Zweitwohnung im Feriendorf Valbella gekauft. Valbella gehört zur politischen Gemeinde Vaz/Obervaz. In Vaz/Obervaz stehen auf Basis der Gebäude- und Wohnungsstatistik des Bundes rund 5’300 Wohnungen. Gemäss den Schätzungen sind davon 76,6% Zweitwohnungen. Der Kauf wäre nach der Abstimmung weiterhin möglich gewesen, da die Nutzung von altrechtlichen Wohnungen frei bleibt.

Zweitwohnungen sind nur noch erlaubt, wenn nicht mehr als 20% aller Wohnungen in einer Gemeinde Zweitwohnungen sind. Alte Zweitwohnungen bleiben bestehen. Neue Wohnungen werden in solchen Gemeinden nur noch erlaubt, wenn es Erstwohnungen sind oder sie touristisch genutzt werden. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, der kann gebüsst werden und die Wohnung zwangsvermietet werden.

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