Seniorenbetreuung

Gemäss unlängst erfolgter Mitteilung in den Medien besteht in der Schweiz ein Überangebot in den Pflegeheimen. Viele Kantone sind deshalb daran, die ursprünglich geplanten Pflegeplätze zu reduzieren. Grund dafür ist das veränderte Verhalten der über 80-Jährigen. Diese beauftragen immer häufiger eine Spitex oder einen privaten Betreuungsdienst zur Pflege zuhause. Deshalb erfolgen die Eintritte von Senioren in Pflegeheim später. Aufgrund des wachsenden Bedürfnisses im Sektor der Seniorenbetreuung sind in den letzten Jahren unzählige Anbieter auf der Bildfläche erschienen und bieten ihre Dienstleistungen an. Oftmals bewegen sich diese Anbieter jedoch in einem rechtlichen Graubereich. Für die Betreuten und deren Angehörigen ist es somit essentiell, vor Abschluss eines solchen Vertrages gewisse Abklärungen zu treffen, bzw. sich für ein für sie geeignetes Modell zu entscheiden.

Wie beurteilt sich dieser Sachverhalt aus rechtlicher Sicht, was sind dabei insbesondere die Konsequenzen für die interessierte Leserin oder den interessierten Leser und zu welchem Schluss gelangt der Autor aus persönlicher Sicht? Erfahren Sie mehr!

Grundsatz

Dienstleistungen für Seniorenbetreuung können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Von rein medizinischen Dienstleistungen bis zu ausschliesslichen Haushaltshilfen wird alles angeboten, oftmals auch Mischformen. Medizinische Dienstleistungen werden in der Regel stundenweise erbracht und abgerechnet, während nichtmedizinische Dienstleistungen regelmässig tageweise bis rund um die Uhr erfolgen. Für den Kunden stellt sich dabei die Frage, ob direkt ein Arbeitnehmer angestellt werden soll oder ob die Dienste eines professionellen Anbieters beansprucht werden.

Direktanstellung

Bei einer Direktanstellung bei der Seniorenbetreuung profitiert der Kunden von den günstigsten Tarifen, trägt jedoch das gesamte Arbeitgeberrisiko (Krankheit des Arbeitnehmers, Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis usw.), hat sich um die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte der Anstellung (Anmeldung Arbeitnehmer AHV, IV, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung, BVG) sowie eventuell auch um ausländerrechtliche Vorschriften (Arbeitsbewilligung, Aufenthaltsbewilligung) zu kümmern und hat sich zudem während den Ferien des Arbeitnehmers um einen Ersatz zu kümmern. Fällt ein Arbeitnehmer somit aus, kann die Betreuung oftmals während Tagen nicht gewährleistet werden, womit eine Beanspruchung von Angehörigen oder aber eine Hospitalisierung erforderlich wird. Handelt es sich nicht um eine rein medizinische Tätigkeit ist zudem zu beachten, dass der Normalarbeitsvertrag „Hauswirtschaft für hauswirtschaftliche Tätigkeiten“ schweizweit zwingende Mindestlöhne vorschreibt, welche einzuhalten sind. Dabei gelten Reinigungsarbeiten, Besorgung der Wäsche, Einkaufen, Kochen, Mithilfe bei der Betreuung von Kindern, Betagten und Kranken und Unterstützung von Betagten und Kranken in der Alltagsbewältigung als hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Die restlichen Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelangen dann zur Anwendung, sofern keine andere schriftliche Reglung getroffen wurde. Zusätzlich zu beachten sind sämtliche Vorschriften des Arbeitsgesetzes, insbesondere betreffend Ruhezeiten. Sofern vom Arbeitnehmer Pikettdienst oder Nachtwache geleistet wird, muss diese Zeit zwingend zusätzlich vergütet werden. Die Reglung, dass diese Vergütung in einem Monatslohn bereits enthalten ist, kann nur den rechtlich zulässig sein, wenn der Lohn über dem Mindestansatz zu stehen kommt.

Professioneller Anbieter

Die häufiger gewählte Variante bei der Seniorenbetreuung besteht darin, dass die Betreuung durch einen professionellen Anbieter gewählt wird. Dabei schliesst der Kunde mit dem Anbieter einen Betreuungsvertrag auf der Basis eines Auftrages ab, während die Betreuerin lediglich über einen Arbeitsvertrag mit dem Anbieter verfügt. Sämtliche Arbeitgeberrisiken liegen deshalb beim Anbieter, während der Kunde die Dienstleistung vom Arbeitnehmer des beauftragen Betreuungsdienstes entgegennimmt. Die monatliche Vergütung in diesen Fällen liegt jedoch deutlich höher als bei einer Direktanstellung und kommt regelmässig in einem fünfstelligen Betrag zu stehen.

Diese Vertragskonstellationen führen zudem regelmässig zur Anwendung des Arbeitsvermittlungsgesetzes, da gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtes eine wesentliche Delegation von Weisungsbefugnissen gegenüber dem Arbeitnehmer auf den Kunden stattfindet. Ausnahmen ergeben sich nur bei rein medizinischen Dienstleistungen. Die Unterstellung unter das Arbeitsvermittlungsgesetz führt zur Anwendung des Gesamtarbeitsvertrages „Personalverleih“ und somit vieler zwingender Reglungen die Anstellungsbedingungen der Mitarbeiter betreffend. Da der Vertrag des Kunden nur mit dem Anbieter abgeschlossen wurde, ist dieser jedoch nicht für die Einhaltung dieser Vorschriften verantwortlich. Er ist lediglich gegenüber dem Anbieter die Zahlung der monatlich oder stündlich vereinbarten Raten und Gebühren schuldig. Für das Verhältnis zwischen Kunden und Anbieter sind grundsätzlich einzig die Vereinbarungen im Betreuungsvertrag ausschlaggebend. Es ist dabei in der Regel von einem Auftrag auszugehen. 

Wird eine Betreuungslösung für sich oder einen Verwandten beabsichtigt, so sind die unterschiedlichen Anbieter zu vergleichen. Bei einer Direktanstellung ist es unbedingt zu empfehlen, die Verträge und Anmeldungen vorgängig rechtlich prüfen bzw. die entsprechenden Dokumente professionell erstellen zu lassen. Nur so lässt sich vermeiden, dass sich der Kunde nicht plötzlich mit erheblichen Nachforderungen des Mitarbeiters oder von Sozialversicherungen konfrontiert sieht. 

Soll ein professioneller Anbieter bei der Seniorenbetreuung zum Zuge kommen, so gilt es den Umfang der Leistungen (Kündigungsfristen, Wechsel von Betreuungspersonen, Reaktionszeit, Tarife Nachtwache, Zusatzkosten usw.) im Betreuungsvertrag, die Preise wie auch die Anstellungsbedingungen der Mitarbeiter zu vergleichen. Wird für eine 24-Stunden Betreuung eine monatliche Pauschale von CHF 3‘500.00 verrechnet oder das Personal monatelang ohne Pause eingesetzt, so kann vorausgesetzt werden, dass seitens des Anbieters gesetzliche Vorschriften verletzt werden. Dies kann auch ungünstige Folgen für den Kunden zur Folge haben. Grundsätzlich sind Verstösse gegen das Ausländergesetz oder sogar Nachzahlungen denkbar, auf jeden Fall jedoch der plötzliche Wegfall des Anbieters zufolge behördlicher Intervention. Im Zweifelsfall sind somit auch diese Verträge von einer Fachperson überprüfen zu lassen, bzw. entsprechend schriftliche Zusicherungen des Anbieters betreffend der Einhaltung der arbeitsrechtlichen und ausländerrechtlichen Normen einzuholen. [/toggle]

Grundsätzlich ist es begrüssenswert, dass immer mehr betagte Menschen länger zuhause wohnen bleiben können. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Seniorenbetreuung, insbesondere für 24-Stunden-Betreuung, bestehen jedoch immer noch diverse rechtliche Unsicherheiten bzw. Lücken. Um den Schutz der Arbeitnehmer zu verbessern, wurde die Geltung des Arbeitsvermittlungsgesetzes und somit auch die die Geltung des GAV Personalverleih auf die Betreuungsbranche ausgedehnt. Dies obwohl das Arbeitsvermittlungsgesetz und der GAV Personalverleih eigentlich für ganz andere Konstellationen geschaffen wurden und nach der Meinung der Autoren die besprochenen Dienstleistungen grundsätzlich nicht unter den Anwendungsbereich des AVG subsumiert werden sollten.

Es wäre zu begrüssen, dass insbesondere die 24-Stunden-Betreuung zukünftig eigenständig reglementiert würde, um bestehende Unsicherheiten zu beseitigen und den Spezialitäten des Auftrags gerecht werden zu können. Bis dies der Fall ist, muss genau darauf geachtet werden, dass entweder ein seriöser Anbieter gewählt oder rechtssichere Vertragsgrundlagen verwendet werden. 

Die Seniorenbetreuung zu Hause boomt in der Schweiz. Für den Kunden stellt sich dabei die Frage, ob direkt ein Arbeitnehmer angestellt werden soll oder ob die Dienste eines professionellen Anbieters beansprucht werden. Bei einer Direktanstellung ist es unbedingt zu empfehlen, die Verträge und Anmeldungen vorgängig rechtlich prüfen bzw. die entsprechenden Dokumente professionell erstellen zu lassen. Soll ein professioneller Anbieter bei der Seniorenbetreuung zum Zuge kommen, so gilt es den Umfang der Leistungen (Kündigungsfristen, Wechsel von Betreuungspersonen, Reaktionszeit, Tarife Nachtwache, Zusatzkosten usw.) im Betreuungsvertrag, die Preise wie auch die Anstellungsbedingungen der Mitarbeiter zu vergleichen.

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