Frau zählt Ihren Bonus

Sondervergütungen sind ein beliebtes Mittel, um die Mitarbeiter zu motivieren. Sei es mit unterjährigen Entschädigungen (oftmals Gratifikationen) oder mit einem Bonus bei guten Geschäftsergebnissen. Oftmals kommt daher am Jahresende die Frage auf, ob ein Anspruch auf Bonus besteht, da gute Leistung erbracht wurde. Der Bonus ist gesetzlich nicht geregelt und kann je nach Ausgestaltung entweder eine Gratifikation oder ein Lohnbestandteil sein, was unterschiedliche Konsequenzen nach sich zieht. Um Missverständnissen vorzubeugen, gibt es zudem einige Tipps aus der Praxis. Davon ist der 13. Monatslohn abzugrenzen, welcher bei Vereinbarung ein durchsetzbarer Lohnbestandteil ist.  

Der Lohn setzt sich aus dem Grundlohn und dem Lohnzusatz zusammen. Zum Grundlohn gehört der fix geschuldete Lohn, welcher entweder als Geld- oder Naturallohn, bzw. eine Mischung daraus ausgestaltet ist. Der Lohnzusatz hängt hingegen vom Erreichen von gewissen Bedingungen oder Voraussetzungen ab. Dazu zählen bspw. Zulagen und Zuschläge, Provisionen, Prämien, Gratifikationen oder Umsatzbeteiligungen. 

Definition

Eine Gratifikation ist eine Sondervergütung des Arbeitgebers, die zum Fixlohn des Arbeitnehmers hinzutritt. Sie wird aufgrund von speziellen Anlässen (bspw. Weihnachtsgeld oder Hochzeit) ausgerichtet, wobei die Höhe der Gratifikation im Ermessen des Arbeitgebers oder von bestimmten Umständen abhängt. (Art. 322d Abs. 1 OR)

Ziel und Zweck

Mit der Ausrichtung von Gratifikationen kann der Arbeitgeber ausserordentlichen Arbeitseinsatz belohnen, eine bestimmte Leistung prämieren oder einfach nur sich für die Diensttreue des Arbeitnehmers bedanken.

Anspruch auf Gratifikation?

Freiwillige Leistung

Leistet der Arbeitgeber die entsprechende Gratifikation jeweils freiwillig, so steht dem Mitarbeiter kein klagbarer Anspruch zu. 

Vertragliche Vereinbarung

Leistet der Arbeitgeber die Gratifikation jedoch aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung (bspw. Arbeitsvertrag), so hat der Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf diese Sondervergütung, jedoch darf der Arbeitgeber diese basierend auf sachlich nachvollziehbaren Kriterien in der Höhe selber festlegen.

Übliche Zahlung

Eine langjährige, regelmässige und vorbehaltlose Bezahlung einer Gratifikation begründet eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu zukünftigen Gratifikationen. Eine derartige konkludente Zusicherung wird von der Lehre und vom Bundesgericht angenommen, wenn die Gratifikation während mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren regelmässig und vorbehaltlos ausbezahlt wurde. (BGE 129 III 276, E. 2; 4C.359/1995 vom 6. Dezember 1995, E. 2; JAR 1997 S. 124; Staehelin, Zürcher Kommentar, N. 9 zu Art. 322d OR; Rehbinder, Berner Kommentar, N. 6 f. zu Art. 322d)

Ist der Vorbehalt jedoch lediglich eine nicht ernst gemeinte und leere Floskel, so ist diese unbeachtlich. Eine dauernde Wiederholung des Freiwilligkeitsvorbehalts ohne Inanspruchnahme derselben führt zu Klassifizierung als leere Floskel (BGE 129 III 276). Ein Indiz dazu ist, dass der Arbeitgeber in der Vergangenheit Grund dazu gehabt hätte, die Gratifikation nicht auszurichten (bspw. bei schlechtem Geschäftsgang), diese jedoch jeweils trotzdem bezahlt hat. In diesem Zusammenhang wird von einer jahrzehntelangen Auszahlung gesprochen, was den Rechtsanspruch trotz Freiwilligkeitsvorbehalt als Ausnahmefall kürt. (BGE 129 III 276)

Ein Vorbehalt der Freiwilligkeit ist unbehelflich, wenn er als nicht ernst gemeinte, leere Floskel angebracht wird, und die Arbeitgeberin durch ihr ganzes Verhalten zeigt, dass sie sich zur Auszahlung einer Gratifikation verpflichtet fühlt. (BGE 129 III 276)

Bedingungen

Grundsatz

Der Arbeitgeber darf die Ausrichtung der Gratifikation an Voraussetzungen knüpfen und somit gewisse Arbeitnehmer davon ausschliessen. Es ist nur verboten, einzelne Personen gegenüber der Mehrheit schlechter zu stellen, jedoch nicht, einzelne Personen besser zu stellen. (Rehbinder, Berner Kommentar, N 9 zu Art. 322d)

Die Voraussetzungen müssen sachlich begründet sein und dürfen weder willkürlich, noch diskriminierend sein. (Staehelin, Zürcher Kommentar, N 13 zu Art. 322d OR)

Ungekündigtes Verhältnis

Die Ausrichtung einer Gratifikation darf daher an die Voraussetzung geknüpft werden, ob ein Anstellungsverhältnis gekündigt oder ungekündigt ist. Dies verstösst nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. (ZR 99, 2000, Nr. 74)

Anteilsmässiger Anspruch

Frühzeitiger Austritt

Wurde das Arbeitsverhältnis beendet, bevor der Anlass zur Ausrichtung der Sondervergütung eingetreten ist, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine anteilsmässige Gratifikation (sog. pro-rata-Anspruch), falls dies vereinbart wurde oder üblich ist. Eine solche Vereinbarung findet sich entweder im Arbeitsvertrag, Personalreglement oder in einer Bonusvereinbarung. Besteht keine solche Vereinbarung, so hat der Arbeitnehmer trotzdem Anspruch auf eine anteilsmässige Gratifikation, falls er nachweisen kann, dass andere Mitarbeiter in der gleichen Situation eine solche Gratifikation erhalten haben (Urteil des Arbeitsgerichts Zürich vom 26. 2. 2001 in ZR 2002 Nr. 63).

Später Eintritt

Wurde das Arbeitsverhältnis unterjährig begonnen, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine anteilsmässige Gratifikation (sog. pro-rata-Anspruch), falls dies vereinbart wurde oder üblich ist.  

Definition

Der Bonus ist gesetzlich nicht geregelt, weshalb von Fall zu Fall unterschieden werden muss, ob der Bonus eine Gratifikation (Art. 322d OR), Lohn (Art. 322 OR) oder Anteil am Geschäftsergebnis (Art. 322a OR) darstellt.

Anteil am Geschäftsergebnis

Hängt der Bonus nur vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses ab (bspw. Gewinn und Umsatz) und gewährt der Arbeitgeber keine Sondervergütung basierend auf seiner subjektiven Einschätzung, so liegt ein variabler Lohnbestandteil vor (Art. 322 OR). Dieser Lohnbestandteil muss vertraglich vereinbart werden und festlegen, wie sich die Berechnung der Sondervergütung zusammensetzt. Dieser Anteil am Geschäftsergebnis ist beim Vorliegen einer Vereinbarung (bspw. Arbeitsvertrag) ist einklagbar. (Art. 322a OR)

Wird der Bonus als Lohnbestandteil klassifiziert, besteht zudem ein klagbarer Anspruch auf anteilsmässige Entrichtung bei unterjähriger Kündigung oder Eintritt ins Arbeitsverhältnis.

Gratifikation

Hängt der Bonus jedoch auch von der subjektiven Einschätzung des Arbeitgebers ab, so handelt es sich um eine Gratifikation (Art. 322d OR). Eine Gratifikation ist grundsätzlich eine freiwillige Leistung, verliert jedoch ihren freiwilligen Charakter, wenn sie entweder vertraglich zugesichert, oder über drei Jahre vorbehaltlos ausgezahlt wurde. In diesen beiden Konstellationen besteht ein zwingender Anspruch auf den Bonus, trotz Gratifikationsstatus.

Bedeutung des Bonus

Hintergrund

Das zweite Kriterium, ob ein Lohnbestandteil oder Gratifikation vorliegt, basiert auf der Frage, ob der Bonus zum entscheidenden Entgelt für die Arbeitsleistung wird oder eine Zugabe darstellt. Dabei wird zwischen höheren und tieferen Einkommen unterschieden.

Höheres Einkommen

Früher galt, dass wenn der Bonus das Basisgehalt erreicht oder übersteigt, der Bonus als Lohnbestandteil qualifiziert wird. Lag es darunter, so galt es als Gratifikation. Gemäss neuster Rechtsprechung gilt nun, dass sobald der eigentliche Lohn ein Mass erreicht, bei dem die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers bei Weitem gewährleistet ist, die Höhe der Sondervergütung im Verhältnis zum Lohn kein Kriterium mehr ist, um über deren Qualifikation zu entscheiden (BGE 139 III 155 E.5).

Tieferes Einkommen

Sichert die Sondervergütung die Existenz des Arbeitnehmers und das seiner Familie, so kann bereits bei verhältnismässig geringen Sondervergütungen von einem Lohnbestandteil ausgegangen werden. 

Fazit

Der Bonus wird als Lohnbestandteil klassifiziert, wenn er nicht nur zweitrangige Bedeutung hat. In den anderen Fällen hat der Bonus den Charakter einer Sondervergütung, was auch systematisch betrachtet korrekt ist. Das unternehmerische Risiko ist stets vom Arbeitgeber zu tragen, weshalb er dieses nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, indem er einen Teil des Lohnes als Bonus in Form einer Gratifikation auszugestalten versucht. In solchen Fällen handelt es sich um einen Lohnbestandteil, der einklagbar ist. 

Umklassifizierung

Die Gratifikation mutiert bei fehlender Akzessorietät teilweise zum Lohn (BGE 129 III 276, E. 2.1), weshalb nur derjenige Teil des Bonus umklassifiziert wird, welcher Lohncharakter hat (Zürcher Obergericht, Geschäfts-Nr. LA040012, E. 4.1). Der Rest verbleibt eine Gratifikation. 

Vereitelung

Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in missbräuchlicher Art und Weise und hat dieser die Bedingungen zum Erhalt des Bonus erfüllt, so wird der Anspruch auf Bonus theoretisch vereitelt. Eine Bedingung gilt jedoch als erfüllt, wenn sie von der anderen Vertragspartei wider Treu und Glauben vereitelt wurde (Art. 156 OR). Das Bundesgericht bestätigt zudem den Anspruch des Arbeitnehmers auf den Bonus, unabhängig davon, wie der Bonus qualifiziert wird (Lohn oder Gratifikation). Der Kündigungsgrund ist ebenfalls irrelevant, solange die Kündigung missbräuchlich erfolgt ist (Art. 336 Abs. 1 lit. c OR). Eine Kündigung zur Vereitelung des Bonus muss nicht explizit vorliegen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer selbst dann den Anspruch auf Bonus behält, falls er er sich zum Stichtag nicht mehr im ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet. (BGer 4C.364/2004 vom 1. Juli 2005)

Grundsatz

Es ist empfehlenswert, die Bonusvergütung klar im Arbeitsvertrag oder im Bonusreglement zu regeln. 

Bonusverfallsklausel

Bei der Bonusverfallsklausel hängt der Anspruch des Bonus davon ab, ob sich der Arbeitnehmer im ungekündigten Verhältnis befindet. Dies ist eine zulässige und geläufige Bedingung.

Rückübertragungsklausel

Grundsatz

Ist der Bonus als Gratifikation ausgestaltet, so kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichten, falls dieser vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheidet. Dabei ist die Kündigungsfreiheit zu beachten.

Keine Verletzung

 

Eine Rückübertragungsklausel verletzt die Kündigungsfreiheit jedoch nicht, wenn die Bindung maximal drei Jahre beträgt und der Arbeitnehmer durch die Sondervergütung in den Genuss eines bleibenden Vorteils gelangt. 

Unbeachtlichkeit

Rückübertragungsklauseln sind jedoch unbeachtlich, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundlos auflöst oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Anlasses auflöst, der durch den Arbeitgeber zu verantworten ist. 

Der 13. Monatslohn ist, falls ein solcher vereinbart wurde, ein Lohnbestandteil (Art. 322 OR), welcher einklagbar ist. Da er ein Lohnbestandteil ist, hat der Arbeitnehmer einen anteilsmässigen Anspruch bei unterjähriger Kündigung oder unterjährigem Eintritt ins Arbeitsverhältnis. 

Gratifikation

Oscar Fitzgerald ist Mitarbeiter in einem Treuhandbüro. Seit nunmehr acht Jahren wurde den Mitarbeiter stets ein Weihnachtsgeld ausbezahlt. Nur dieses Jahr wird das Weihnachtsgeld mit der Begründung verweigert, dass die Finanzlage des Unternehmens schlecht sei. Das Weihnachtsgeld stellt eine Gratifikation dar, deren Entrichtung zwar freiwillig ist, aber da sie seit mehr als drei Jahren vorbehaltlos und regelmässig ausbezahlt wurde, besteht ein klagbarer Anspruch der Mitarbeiter.

Alternative

Es gilt die gleiche Situation wie oben, nur hat der Arbeitgeber jedes Jahr gesagt, dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes eine freiwillige Leistung des Treuhandbüros sei (sog. Vorbehalt). Handelte es sich um eine leere Floskel, so ist diese unbeachtlich, ansonsten besteht kein Anspruch auf die Gratifikation

Eine Gratifikation liegt im freiem Ermessen des Arbeitgebers, kann jedoch bei langjähriger, regelmässiger und vorbehaltloser Ausrichtung einklagbar werden. Der Bonus kann entweder Gratifikation oder Lohnbestandteil sein. Ein zwingender Anspruch auf Bonus liegt vor, wenn der Bonus entweder ein Lohnbestandteil ist, oder eine zugesicherte oder über drei Jahre vorbehaltlos ausbezahlte Gratifikation darstellt. Bei einer treuwidrigen Vereitelung des Bonusanspruches bleibt dieser bestehen. Der vereinbarte 13. Monatslohn ist ein Lohnbestandteil und daher zwingend. 

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