Mitarbeitergespräch

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses wird ein Arbeitszeugnis über die erbrachte Arbeit erstellt. Es enthält Informationen zur Arbeitsweise einer bestimmten Person und bildet für künftige potentielle Arbeitgeber die Grundlage der Kandidatensuche. In der Schweiz spielt das Arbeitszeugnis deshalb eine wichtige Rolle im Berufsleben.

Arbeitszeugnis

Das Arbeitszeugnis spricht sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses aus und enthält Informationen über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers. Die gesetzliche Grundlage befindet sich in Art. 330a Abs. 1 OR.

Abgrenzung zur Arbeitsbestätigung

Die Arbeitsbestätigung (Art. 330a Abs. 2 OR) beschränkt sich auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses. Informationen über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers werden keine gegeben. Will der Arbeitnehmer lediglich eine Arbeitsbestätigung statt einem Arbeitszeugnis, so muss er dies besonders verlangen.

Anspruch bezüglich Zeit

Die Arbeitnehmerin kann vom Arbeitgeber jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen (Art. 330a OR). Jederzeit bedeutet während oder nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitszeugnis kann als Zwischen- oder Schlusszeugnis erstellt werden.

Anspruch auf Vollwertigkeit

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein vollwertiges Zeugnis (Vollzeugnis). Vollwertig bedeutet, dass auch die Leistungen und das Verhalten beurteilt und nicht nur die Dauer und die Art der Arbeit bestätigt werden.

Das Lehrzeugnis (Art. 346a OR), welches der der Arbeitgeber der lernenden Person nach Beendigung der Lehre ausstellen muss, stellt ein Sonderfall des Arbeitszeugnisses dar. Es beschränkt sich inhaltlich auf die erforderlichen Angaben über die erlernte Berufstätigkeit und die Dauer der Berufslehre. Auf Verlangen des Lernenden muss das Lehrzeugnis auf das Niveau eines Arbeitszeugnisses ergänzt werden.

Wahrheit

Die Arbeitgeberin hat die Pflicht, dem Arbeitnehmer ein wahres Zeugnis auszustellen. Das Verhalten und die Leistungen des Arbeitgebers dürfen weder beschönigt noch schlecht geredet werden.

Klarheit

Das Arbeitszeugnis muss in einer klaren und unzweideutigen Sprache abgefasst werden. Sogenannte „Codes“ sind nicht erlaubt. Auch unklare Formulierungen wie „In der Regel hat sie gut gearbeitet“ oder „er hat so gut wie möglich gearbeitet“ sind nicht erlaubt.

Vollständigkeit

Um ein vollständiges Arbeitszeugnis handelt es sich, wenn das Zeugnis alle wesentlichen Angaben enthält, die für die Gesamtbeurteilung der Arbeitnehmerin von Bedeutung sind.

Wohlwollende Formulierung

Wohlwollende Formulierungen erleichtern der Arbeitnehmerin das wirtschaftliche Fortkommen. Der Grundsatz des Wohlwollens gilt allerdings nur in den Grenzen des Wahrheitsgrundsatzes. Sofern nötig und wahr, gehören zur Beurteilung der Gesamtleistung demnach auch negative Feststellungen.

Folgende formale Angaben gehören zwingend in das Arbeitszeugnis:

  • Titel (eine Überschrift, aus welcher klar wird, um welche Art von Zeugnis es sich handelt)
  • Bezeichnung der Arbeitgeberin
  • Personalangaben des Arbeitnehmers (Name, Geburtsdatum, Heimatort)
  • Ausstellungsort und Ausstellungsdatum
  • Unterschrift

Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses

Die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses muss im Zeugnis angegeben werden. Zur Art des Arbeitsverhältnisses gehören unter anderen die Tätigkeiten und die Aufgaben, die Berufsbezeichnung, Beförderungen und Versetzungen mit Datumsangabe. Für die Angabe der Dauer muss das Eintritts- und das Austrittsdatum genannt werden.

Leistungs- und Verhaltensbeurteilung bei vollwertigem Zeugnis

Wenn der Arbeitnehmer ein vollwertiges Arbeitszeugnis wünscht, muss es eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung beinhalten. Dazu gehört die Qualität und die Quantität der Arbeit. Zudem gehört zur Beurteilung, wie speditiv die Arbeiten erledigt worden sind. Die Anwendung von Fachwissen und anderen Kenntnissen stellt ein weiteres Element dar. Zusätzlich werden Angaben über das Verhalten sowie Krankheiten und andere Abwesenheiten gemacht. Die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens führt in der Praxis zu den meisten Streitigkeiten. Eine Krankheit oder eine dadurch bedingte Arbeitsverhinderung darf allerdings nur dann erwähnt werden, wenn sie erheblichen Einfluss auf die Leistung oder das Verhalten oder die Erfüllung der bisherigen Aufgaben infrage stellte und damit einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses darstellte oder im Verhältnis zur gesamten Vertragsdauer so erheblich ins Gewicht fällt, dass ohne Erwähnung der Krankheit ein falscher Eindrück bezüglich der erworbenen Berufserfahrung entstünde (BGE 136 III 510 E. 4.1; Streiff/von Kaenel/Rudolph, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2012, Art. 330 N 3e). 

Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann auf Wunsch des Arbeitnehmers ins Zeugnis aufgenommen werden, zwingend ist es allerdings nicht. Üblich aber nicht zwingend sind sodann Dankesworte und Wünsche für die berufliche und persönliche Zukunft.

Klage auf Ausstellung

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kein Zeugnis ausstellt, kann auf Ausstellung eines solchen geklagt werden. In einem solchen Fall empfiehlt sich, den Zeugnistext genau zu umschreiben oder selbst zu formulieren.

Klage auf Änderung

Der Arbeitnehmer kann auf Änderung des Zeugnisses klagen, wenn es nach seinem Empfinden unrichtig ist. Dafür muss er dem Gericht einen selbst verfassten Text vorlegen.

Franziska Weber ist unzufrieden mit ihrer jetzigen Arbeitsstelle und möchte sich auf eine neue Stelle bewerben. Um bessere Chancen zu haben, bittet sie ihren derzeitigen Chef um ein Zwischenzeugnis. Zuerst will er ihr dies verweigern, doch als sie ihn darauf aufmerksam macht, dass sie jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen kann (Art. 330a OR), schreibt er ihr ein Zwischenzeugnis. Da er jedoch verägert ist, dass sie auf Jobsuche ist, schreibt er ihr ein Zwischenzeugnis mit Codes wie, „Die Aufgaben, die wir ihr übertrugen, hat sie zu unserer Zufriedenheit erledigt“ (passive Mitarbeiterin). Als Frau Weber dagegen protestierte und ein korrektes Arbeitszeugnis verlangte, hat ihr Arbeitgeber ihr kurz darauf die ordentliche Kündigung überreicht. Diese Kündigung ist zwar gültig, jedoch eine missbräuchliche Kündigung mit finanziellen Folgen für den Arbeitgeber.

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses wird ein Arbeitszeugnis über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers sowie über die Art und Dauer der Arbeit erstellt. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein ehrliches und wohlwollendes Arbeitszeugnis. Codes im Arbeitszeugnis sind verboten. Ist der Inhalt des Arbeitszeugnisses nicht richtig, so kann der Arbeitnehmer auf Änderung des Zeugnisses klagen. 

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