Verletzung aus Versehen

Im Strafrecht sind Taten bei Fahrlässigkeit nur strafbar, wenn dies eine Bestimmung explizit vorsieht (Art. 18 Abs. 1 StGB). Im Bereich der Körperverletzungen gibt es eine solche Strafnorm, welche die fahrlässige Körperverletzung unter Strafe stellt (Art. 125 StGB). Bei der fahrlässigen Körperverletzung wird zu Verfolgungszwecken unterschieden, ob es sich um eine leichte oder um eine schwere Schädigung handelt. Die Strafe ist unabhängig der Schwere der Schädigung jedoch gleich. Die fahrlässige Körperverletzung ist zudem von ähnlichen Tatbeständen abzugrenzen.

Definition

Als Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit dem Begehen einer Tat gilt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Von einer Pflichtwidrigkeit wird gesprochen, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. (Art. 12 Abs. 3 StGB)

Vorgehen

Fehlt es offenbar am Vorsatz der Körperverletzung, so ist die fahrlässige Körperverletzung zu prüfen. Fehlt der Vorsatz nicht offensichtlich, so muss zuerst das Vorsatzdelikt, d.h. die einfache Körperverletzung sowie die schwere Körperverletzung, geprüft werden. 

Eine fahrlässige Körperverletzung ist ein Vergehen und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 125 Abs. 1 StGB).

Eine leichte Schädigung (wie bei der einfachen Körperverletzung) wird nur auf Antrag verfolgt (Art. 125 Abs. 1 StGB). Handelt es sich um eine schwere Schädigung (wie bei der schweren Körperverletzung), so wird die Tat zu einem Offizialdelikt und der Täter von Amtes wegen verfolgt (Art. 125 Abs. 2 StGB).  

Die fahrlässige Körperverletzung ist von der einfachen Körperverletzung abzugrenzen, welche ebenfalls eine Gesundheitsschädigung oder eine Schädigung des Körpers zur Folge hat, jedoch bei der fahrlässigen Körperverletzung ohne Vorsatz erfolgt. Die fahrlässige Körperverletzung ist zudem von der schweren Körperverletzung abzugrenzen. Die fahrlässige Körperverletzung kann zwar ebenfalls eine schwere Schädigung am Körper oder der Gesundheit zur Folge haben, erfolgt dabei jedoch ohne Vorsatz.

Ursula ist HIV-positiv und weiss um ihre Infektion. Trotzdem hat sie ungeschützten Geschlechtsverkehr mit ihrem neuen Freund Pablo. Ursula hat Pablo über ihre Infektion informiert und dieser ist gewillt, ohne Verhütung Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Bei einem medizinischen Check stellt Pablo jedoch fest, dass ihn Ursula angesteckt hat. Er möchte jedoch keine Anzeige erstatten, da er sie doch später einmal sogar heiraten will. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob eine fahrlässige Körperverletzung vorliegt. Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflichtverletzung bei ungeschützten Sexualkontakten HIV-infizierter Personen festgehalten, dass wer „trotz Kenntnis der Möglichkeit seiner HIV-Infektion in Missachtung der Safer-Sex-Regeln weiterhin ungeschützt verkehrt, handelt pflichtwidrig und schafft eine objektiv erhöhte Gefahr für die Rechtsgüter seiner Sexualpartner, die das erlaubte Risiko übersteigt“ (BGE 134 IV 193 E. 8.1).

Im Falle der Ansteckung mit dem HI-Virus durch Pablo handelt es sich um eine fahrlässige schwere Körperverletzung. Da niemand in eine schwere Körperverletzung einwilligen kann, ohne dass damit ein positiver Zweck verfolgt wird, handelt es sich bei der Einwilligung durch Pablo um keinen Rechtfertigungsgrund. Eine Einwilligung wäre nur bei einer einfachen Körperverletzung zulässig gewesen. Die fahrlässige Körperverletzung ist nur dann ein Antragsdelikt, wenn der zugefügte Schaden gering ist, weshalb Pablo nicht auf eine Strafverfolgung verzichten kann/darf, da Ursula von Amtes wegen verfolgt wird. 

Ursula wird der fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 StGB) schuldig gesprochen, da sie von der HIV-Infektion wusste und die Übertragung fahrlässig in Kauf nahm. Selbst wenn sie keine sichere Kenntnis gehabt hätte, so wäre sie schuldig, wenn sie zum Tatzeitpunkt konkrete Anhaltspunkte für die eigene HIV-Infektion hatte. Dabei dient jeder bewusst erlebte Risikokontakt in der Vergangenheit als Anhaltspunkt. Als Risikokontakt gilt dabei etwa der ungeschützte Intimkontakt mit einer nur flüchtig bekannten Person.

Die Ansteckung mit dem HI-Virus stellt jedoch nicht nur eine fahrlässige schwere Körperverletzung dar, sondern auch ein fahrlässiges Verbreiten menschlicher Krankheiten (Art. 231 Abs. 2 StGB

Als fahrlässige Körperverletzung gilt die Zufügung einer Schädigung am Körper oder an der Gesundheit, wobei die Folge des Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen wird. Von einer Pflichtwidrigkeit wird gesprochen, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Handelt es sich um einen schweren Fall, so wird aus dem Antragsdelikt ein Offizialdelikt. 

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